Ein Ja gegen die Zocker
Es war nicht so, dass die griechische Regierung von Beginn an einen Zockerund Zottl-Status hatte. Tsipras und Varoufakis genossen in künstlerischen, linken Milieus der EU durchaus Sympathien. DasUnangepasste verlieh ihnen ein anarchisches Charisma. Sie waren für nicht wenige Brüssel-Kritiker romantischeHelden, Identifikationsfiguren im Kampf gegen das „neoliberale Brüssel“. Dieser Zuspruch ist verstummt.
Tsipras und sein irrlichternder Finanzminister haben mit ihren Kapriolen und Ausfällen sich und ihr Land in die Isolation getrieben. Mit ihrer Dreistigkeit, ihrer Selbstüberschätzung und ideologischen Verblendung haben sie alle anderen Mitgliedsstaaten parteiübergreifend gegen sich aufgebracht. Ihr Außenseitertum hat nichts mehr Heldenhaftes. Es ist das Ergebnis von Tollheit, Unvernunft und Rücksichtslosigkeit zulasten der eigenen Bevölkerung. Der „Terrorismus“- Vorwurf, den Varoufakis gestern gegen die EU erhob, markierte den Gipfel der fortgesetzten Geschmacklosigkeit.
In den hetzerischen Tiraden am Vorabend der Abstimmung schimmerte weniger Selbstgewissheit als bange Panik durch. Das Volk zu befragen, ist nichts Unlauteres. Hier aber hat eine Regierung ein Referendum nicht als demokratisches Instrument zur gewissenhaften Erkundung des Volkswillens eingesetzt, sondern als Waffe, als letzte Spielkarte im Poker gegen die düpierten Verhandlungspartner. Das ist nicht Demokratie, sondern Missbrauch von Demokratie. Es ist im Übrigen auch ein Missbrauch europäischer Demokratie und europäischen Gemeinsinns. In der Präambel der EU-Verträge ist von der „Union der Völker Europas“die Rede. Das KampfReferendum tritt diese Gemeinschaftsidee mit Füßen. Es entzweit nicht nur das griechische Volk, es treibt auch einen tiefen, zerstörerischen Keil in das europäische Bündnis, weil es in seiner wüsten Selbstbezogenheit keine Rücksicht darauf nimmt, was den anderen Völkern der Gemeinschaft zumutbar ist. Diese Vorgehensweise bringt die europäische Idee nicht näher zu den Bürgern, sondern zersetzt sie. Mit nationalistisch intonierten Abstimmungen wäre Europa nie Europa geworden, aber sehr wohl ließe sich mit Referenden das Projekt Europa nach griechischer Fasson rückabspulen. s ist zu hoffen, dass das griechische Volk trotz derVerbitterung darüber, wie weit es mit dem schönen, stolzen Land gekommen ist, den rüden Missbrauch erkennt und sich ihm widersetzt. Dann hätten die Hasardeure ihre eigene Abwahl in Auftrag gegeben und wären aus dem Spiel. Es wäre noch nicht die Rettung Griechenlands, aber ein erster, tapferer Schritt.
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