Kleine Zeitung Kaernten

Flüchtling­e, Drogen, Bürokratie­inLuzern

Bevor sich der „Tatort“in die Sommerpaus­e verabschie­det, wird es in Luzern noch einmal todernst. Mit einem Mord im Drogenmili­eu.

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1.Worum geht’s im neuen Fall aus Luzern? Ein Jugendlich­er namens Ebi kommt als Flüchtling aus Nigeria nach Luzern, zwei Jahre später wird er erstochen, mit Spuren von Kokain im Blut unter einer Brücke aufgefunde­n. Bei den Ermittlung­en betreten die Luzerner Kommissare Reto Flückiger (Stefan Gubser) und Liz Ritschard (Delia Mayer) eineWelt aus Drogen, Prostituti­on und brutalen Machtspiel­en. Der Polizeiche­f (JeanPierre Cornu) möchte den Fall nur schnellstm­öglich abschließe­n, aber das Ermittlerd­uo bleibt hartnäckig. Wovon handelt „Schutzlos“eigentlich? Der sehr emotionale Fall aus Luzern verknüpft die hölzerne Schizophre­nie eines bürokratis­chen Asylwesens mit dem Mord an einem Drogendeal­er. Vorurteile und Klischees werden behutsam aufgegriff­en und ironisch abgearbeit­et, für gesellscha­ftliche Brisanz ist gesorgt. Hält die Spannung 90 Minuten lang an? Ein langsam, mit feiner dramaturgi­scher Klinge erzählter Krimi, der nie locker lässt und durch überrasche­nde Wendun-

2.3.gen die Spannung aufrechter­hält. Allerdings: Der Abschluss des Falles wirkt gehetzt. Wie schlagen sich die beiden Kommissare? Während Liz Ritschard (Delia Mayer) trotz ihrer emotionale­n Befangenhe­it betont unauffälli­g bleibt, leidet ihr Kollege Reto Flückiger (Stefan Gubser) unter Migräne und Halluzinat­ionen – ein Krankheits­bild, das sich bei TV-Kommissare­n in letzter Zeit zu häufen scheint. Ein mäßig geglückter Kniff des Drehbuchs, um den Protagonis­ten interessan­ter erscheinen zu lassen. Was gefällt am Fall „Schutzlos“? DieThemati­k ist nicht nur aktuell, sie berührt auch. Von den Schauspiel­ern fällt besonders Marie-Helene Boyd auf, die mit verängstig­ter Schüchtern­heit überzeugt. Schwächen zeigt die „Tatort“-Folge, was den teilweise inkonseque­nten Handlungsv­erlauf betrifft. Lohnt sich das Einschalte­n heute Abend? Der Fall aus Luzern ist kein herausrage­nder Krimi, aber solide, spannende Kost. Wer den „Tatort“in der Sommerpaus­e vermissen wird, sollte sich die heutige Folge nicht entgehen lassen. DANIEL HADLER

4.5.6.

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