Der zehnte Jahrestag
Mit dem Spatenstich für den Sondierstollen Leibenfeld vor zehn Jahren begannen die Arbeiten am Koralmtunnel. Wie tief man vorgedrungen ist – und welche Probleme gelöst werden müssen.
THOMAS WIESER, HANNES GAISCH
Der Süden lebt“, jubilierte der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider auf den Tag genau vor zehn Jahren in derWeststeiermark. Und sein BZÖ-Kompagnon, der damalige Verkehrsstaatssekretär Eduard Mainoni, sekundierte: „Die Vernachlässigung der beiden Bundesländer Steiermark und Kärnten durch bisherige Regierungen, sie wird endlich ausgeglichen.“
Mehr als 300 Politiker, Bauingenieure, Arbeiter und Adabeis tummelten sich damals auf einem gerodetenWaldstück in Leibenfeld. Draußen regnete es in Strömen, drinnen im Festzelt kamen Haider, die damaligen ÖBBVorstände Gilbert Trattner und Georg-Michael Vavrovsky oder Strabag-Chef Roland Jurecka beim Schwingen der Spaten ins Schwitzen. Immerhin galt es, den Baubeginn beim Sondierstollen des Koralmtunnels auf der steirischen Seite zu feiern.
Was sich seit damals getan hat, ist gewaltig. Die beiden Tunnelröhren ragen von den Portalen in Frauental bereits je rund 15 Kilometer in den Berg hinein. Jeden Tag wachsen die Tunnel im Schnitt um 15 Meter. Zehn Kilometer ist die längere der Röhren aus Kärnten bereits lang. In eineinhalb Jahren könnte in der Südröhre der Durchschlag erfolgen – dann treffen sich die Tunnelbohrmaschinen aus der Steiermark und Kärnten mehr als 1000 Meter tief unter der Koralm.
5,4 Milliarden Euro kostet laut ÖBB-Gesamtprojektleiter Klaus Schneider die 133 Kilometer lange Koralmbahn zwischen Graz und Klagenfurt. „Mit 20 Bahnhöfen, über 100 Brücken und zwölf Tunneln“, wie der Grazer betont. „Fünf der Tunnel sind schon fertig, fünf in Arbeit.“In acht Jahren soll die Strecke fertig sein, die Fahrzeit zwischen Graz und Klagenfurt nur noch etwa eine Dreiviertelstunde betragen.
Schwierige Geologie
Wolfgang Lehner von der Strabag, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft, war ebenfalls vom ersten Tag an beim Projekt dabei. „Als Unternehmer ist die Bilanz natürlich positiv, weil der Koralmtunnel ein Meilenstein der österreichischen Bahn- und Baugeschichte ist.“Über weite Strecken habe sich die Arbeit zur Routine entwickelt, auch wenn sie immer wieder unterbrochen wird, erklärt Lehner: „Die geologischen Verhältnisse sind nicht ganz wie erwartet. Vereinfacht gesagt, löst sich derAusbruch des Gesteins weniger schön und gleichmäßig.“Es sei aber völlig normal, dass bei Gesteinsüberlagerungen von mehr als 1000 Metern die eine oder andere Überraschung warte. „Wir kennen das von anderen langen Tunneln in der Schweiz und sind dabei, die nötigen Schritte einzuleiten, um zeitlich auf Kurs zu bleiben.“
Im Spätsommer wird der Bautrupp den Bereich der Nothaltestelle erreichen; dort wird über eine Länge von fast einem Kilometer ein Rettungsraum ausgebrochen.
„Heute zweifelt kaum mehr jemand, wie notwendig diese Strecke zwischen dem Osten und dem oberitalienischen Wirtschaftsraum ist“, glaubt Reinhold Purr. Er setzte sich schon in den Siebzigerjahren mit Politikern aus der Weststeiermark für eine Bahnverbindung nach Kärnten ein. „Durch die Achse Haider, Klasnic und Verkehrsminister Hubert Gorbach ist dann einiges schneller gegangen.“