Zum 100. Geburtstag von Christine Lavant haben Ute Liepold und Bernd Liepold-Mosser eine Textmontage geschaffen. Uraufführung ist am Donnerstag im Stadttheater.
Für seine große StadttheaterProduktion „Amerika“(nach Franz Kafka) wurde Bernd Liepold-Mosser 2011 mit einem „Nestroy“ausgezeichnet. Im Vorjahr dachte er mit dem Stück „Lampedusa“über die europäische Zuwanderungspolitik nach. Nun kehrt der Kärntner Regisseur mit „Lavant!“ans Haus zurück: Am Donnerstag wird die Textmontage, die er gemeinsam mit seiner Frau Ute Liepold geschrieben hat, uraufgeführt.
Auf der Stadttheater-Homepage wird „Lavant!“als „Textmontage“angekündigt, mit der die „vielen Facetten der Dichterin zum Ausdruck gebracht und für unsere Gegenwart neu umgesetzt“werden. Wie kann man sich das vorstellen?
Wir haben uns entschieden, kein biografisches Stück zu machen, weil man schnell in die Falle tappt, dass man irgendwann glaubt Bescheid zu wissen, wer Christine Lavant war. Deshalb haben wir die Form einer Textfläche gewählt und Passagen aus ihrer Lyrik, ihrer Prosa und vor allem den Briefen zu einer offenen Textur zusammengefügt. Im Prinzip ist es so, dass wir verschiedene Schichten von Christine Lavant freilegen: Fünf Schauspielerinnen und zwei Schauspieler sind jeweils mögliche Verkörperungen oder Projektionsfiguren von Lavant. Die Dichterin hat viele Gesichter und die soll sie behalten dürfen.
Im Vordergrund steht ja meistens die Schmerzensfrau. Die
BERND LIEPOLD-MOSSER:
Das ist durchs Werk bedingt, denn das ist schwermütig. Da geht es vor allem um die Einsamkeit, das Leid und das auf sich Zurückgeworfen-Sein, das wird daher auch in unserem Stück so sein. Vor allem aber wollen wir uns fragen: Was kann Lavant uns heute noch geben?
Und: Was kann sie uns heute noch geben?
UTE LIEPOLD:
Das tiefe Erforschen von der Möglichkeit und Unmöglichkeit des Gegenübers. Auch die Selbstbehauptung: Christine Lavant hat ja bei allen Einschränkungen ihr Ding durchgezogen, sie hat eine große Unabhängigkeit behauptet, und das wollen wir für das heutige Publikum aufschlüsseln. UTE LIEPOLD: Und das als Frau. Sie hat sich über die ganzen Klischees hinweggesetzt, über die Rollenzuweisungen. Sie hat „alles“haben wollen, Beziehungen, Kinder, Sexualität, und hat das – auch im Scheitern und der Unmöglichkeit – in die Kunst transformiert. Das ist sehr bewundernswert. Sie ist ja auch freiwillig
BERND LIEPOLD-MOSSER:
ins Irrenhaus gegangen, um sich durchchecken zu lassen. Auch dort ist sie kein Opfer, sondern sie betrachtet die Menschen auf sehr liebevolle Art und Weise und macht Literatur daraus.
Clara Luzia, die die Musik beisteuert, hat sich vor allem mit der Lyrik von Lavant beschäftigt?
Sie hat einige Gedichte genommen, die sie selbst sehr angesprochen haben. Teilweise mischen sich aber auch eigene Songs mit dieser LavantLyrik. Musik, Schauspiel und Video sollen einen Sog oder Rausch erzeugen, der dem Lavantschen Schreibprozess gerecht wird. Apropos Verbindung: Wie sind Ihre beiden Rollen bei der LavantProduktion genau?
Den Text haben wir gemeinsam erarbeitet. Die Regie liegt ganz allein bei Bernd.
Was werden Ihre nächsten Projekte sein?
BERND LIEPOLD-MOSSER:
UTE LIEPOLD:
Ich mache in Regensburg zum ersten Mal Oper, und zwar „Goyescas“von Enrique Granados und Puccinis „Gianni Schicchi“. Ich bin schon gespannt, aber da ich eigentlich immer mit Musik arbeite, glaube ich, dass mir das liegt.
Und ich erarbeite für die neuebuehnevillach Kafkas „Prozess“als eine Art One-Woman-Show. Eine Schauspielerin verkörpert alle sieben Hauptfiguren, die teilweise über Videos eingespielt werden, mit denen sie kommuniziert.
BERND LIEPOLD-MOSSER:
UTE LIEPOLD: