Keine Zensur.
Übt die Polizei Zensur beim FlüchtlingsThema? PolizeiChefin Kohlweiß sagt: Nein!
Die aktuelle Flüchtlingssituation sorgt für Unbehagen. Sagt die Polizei der Bevölkerung wirklich alles oder werden einige Facetten eher verharmlost dargestellt? MICHAELA KOHLWEISS: Wenn man der Meinung ist, es würde nicht alles gesagt, so kann ich diese Bedenken und Ängste der Bevölkerung gut verstehen. Es ist die aktuelle Gesamtsituation, die den Menschen Angst macht und damit verbunden ist auch die Angst vor Nichtinformation. Es gibt aber einen Auftrag und ein klares Bekenntnis der Landespolizeidirektion zu aktiver, nachvollziehbarer und tatsachenorientierter Berichterstattung, die auch per Erlass so vorgegeben ist. Damit meine ich konkret, nichts zu beschönigen und alle Vorfälle mit Nachrichtenwert unter Berücksichtigung der rechtlichen Rahmenbedingungen zu berichten.
FPÖ-Landesrat Christian Ragger hat aber das Gegenteil behauptet: Ein ,Todesfall’ in einer Flüchtlingsunterkunft in Treffen sei verschwiegen worden. KOHLWEISS: Im Strafrecht würde man sagen, die Kärntner Polizei hat eindeutig den Wahrheitsbeweis erbracht. Den angesprochenen Vorfall hat es nie gegeben. Das hält jeder Überprüfung stand! Wer nach wie vor das Gegenteil behauptet, ist aufgefordert, konkrete Fakten zu nennen.
Die Polizei hat in einer zweiseitigen, öffentlichen Aussendung den Vorwurf des Landespolitikers zurückgewiesen. KOHLWEISS: Die Landespolizeidirektion reagiert nur in den seltensten Fällen auf derartige Vorwürfe. Wenn uns allerdings selektive Informationsweitergabe bzw. indirekt Manipulation von Amtshandlungen und Vorfällen vorgeworfen wird, dann hat das auch strafrechtliche Relevanz und wir müssen reagieren.
Nochmals zur Informationspolitik der Polizei beim Flüchtlingsthema: Gibt es eine Order des Innenministeriums, nicht jede Rauferei bekannt zu geben? KOHLWEISS: Was sollen wir berichten, wenn es keine berichterstattungswürdigen Vorfälle gibt? Hätte es einen Raufhandel im Sinne des Strafgesetzbuches unter Flüchtlingen gegeben, so hätten wir diesen auch öffentlich gemacht, weil es keine gegenteilige Order gibt!
Aber jeder Fahrraddiebstahl zum Beispiel ist sehr wohl berichterstattungswürdig? Der ORF hat im Sommer eine Analyse veröffentlicht, wonach bestimmte Delikte häufiger an die Öffentlichkeit kommen als andere. Beeinflusst die Polizei wirklich die Wahrnehmung von Kriminalität?
KOHLWEISS: Nein! Was es allerdings gibt, sind Erfordernisse des Datenschutzes und in bestimmten Fällen die Verpflichtung zur Wahrung der Amtsverschwiegenheit. Wie würden Sie sich als Opfer einer Straftat fühlen, wenn Sie und Ihre Freunde und Bekannten alle Umstände der Tat aus den Medien entnehmen könnten? Wenn vielleicht sogar die Verurteilung eines Tatverdächtigen an der öffentlichen Bekanntgabe von Einzelheiten und Details scheitert?
Warum gibt es so viele Gerüchte, vor allem in sozialen Medien, von Kriminalität in Flüchtlingsheimen? Muss die Polizei vielleicht nicht doch schneller und offensiver Informationen weitergeben?
KOHLWEISS: Die Medien und die Öffentlichkeit dürfen darauf vertrauen, dass der Kommunikationsweg der Polizei fortgesetzt wird wie bisher: transparent, rechtskonform und tatsachenorientiert! Was wir aber schon seit Jahren bemerken – und gerade im Zusammenhang mit der Flüchtlingssituation – sind Falschmeldungen, die sich im Internet rasend schnell verbreiten. Seit Anfang des Sommers die Zeltunterkunft für Asylwerber in Krumpendorf eingerichtet wurde, hatten wir eine Vielzahl von Anfragen zu angeblichen sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen durch Asylwerber, die sich in keinem einzigen Fall bewahrheitet haben. Eine ähnliche Situation wie zu Zeiten der Fußball-EM 2008, wo sogar Falschmeldungen über Massenvergewaltigungen die Runde gemacht haben.
Die Polizei ist derzeit stark gefordert, teilweise überfordert. Angeblich wird innerhalb der Beamten von chaotischen Zuständen gesprochen.
KOHLWEISS: Stellen Sie sich vor, Sie müssten innerhalb weniger Stunden Ihre gewohnte Arbeitsumgebung aufgeben und in einer neuartigen Struktur mit geänder- ten Voraussetzungen, zum Beispiel im Zuge von Grenzkontrollen, den Dienst verrichten. Was da für den einen chaotisch ist, ist für den anderen Flexibilität. Ja, die Polizei ist gefordert, wir sind aber keinesfalls überfordert. Ich lasse mir diesen Großteil der Kärntner Exekutive, der tagtäglich Außergewöhnliches leistet, nicht von einigen wenigen schlechtreden. Eine derartige Herausforderung ist nur zu bewältigen, wenn sämtliche Verantwortungsträger an einem Strang ziehen – und das tun wir aktuell in Kärnten!
Laut Aussagen von Polizisten ist mit der Bearbeitung eines Asylantrages ein Beamter vier Stunden beschäftigt. Wer macht dann die andere, normale Polizeiarbeit?
KOHLWEISS: Die Zeit der Inanspruchnahme variiert von Fall zu Fall. Richtig ist, dass die polizeiliche Bearbeitung eines Asylantrages durchaus mehrere Stunden in Anspruch nehmen kann. Dafür stehen eigens ausgebildete Bedienstete zur Verfügung, die mit der „herkömmlichen Polizeiarbeit“nicht befasst sind.