Panik in Paris
Anschlagsserie und Geiselnahme in der französischen Hauptstadt. Bis zu 160 Tote. Präsident Hollande verhängt Ausnahmezustand über das Land.
Unfassbare Szenen in Paris: Die erste Halbzeit im Länderspiel FrankreichDeutschland war noch im Gange, als plötzlich mehrere Explosionen die französische Hauptstadt erschütterten und den Auftakt zu einer nie dagewesenen Serie terroristischer Attacken auf die Metropole bildeten. In atemberaubender Folge trudelten Meldungen von Schießereien in der Pariser Innenstadt ein. Präsident François Hollande verließ fluchtartig das Stade de France und eilte ins Innenministerium, wo er mit Premierminister Manuel Valls und Innenminister Bernard Cazeneuve einen Sonderministerrat einberief. Je länger der Abend fortschritt, desto dramatischere Ausmaße nahm der simultane Terrorangriff an. An zumindest sieben Plätzen in Paris wurden Anschläge verübt.
Ein Schauplatz war das Restaurant Le Carillon mit dem gegenüberliegenden Lokal Le Petit Cambodge, unweit der zentralen Place de la République, wo laut Zeugenaussagen gegen 21.20 Uhr mehrere Männer mit automatischen Waffen auf die Gäste schossen, die dort saßen. Eine Zeugin sagte, sie habe von ihrem Fenster aus gesehen und gehört, wie minutenlang gefeuert wurde. Zahlreiche Menschen wurden schwer verletzt oder starben. Ein Unmaskierter habe die Lokale betreten und wild um sich geschossen. Die Menschen hätten geschrien, viele seien am Boden gelegen.
Zur selben Zeit brach der Terror mit voller Wucht über die Konzerthalle Bataclan herein, wo als Vorgruppe der Eagles of Death Metal die Tiroler Band „White Miles“bereits die Bühne verlassen hatte. Die Österreicher blieben offenbar unverletzt. Auch dort gab es erst eine Detonation, dann eröffneten die Terroristen – bis zu sechs sehr junge
Täter – das Feuer und töteten Dutzende. In den späten Abendstunden wurden zahlreiche Menschen im Bataclan als Geiseln gehalten, überall lagen Tote und Verletzte. Spezialeinheiten stürmten nach Mitternacht den Klub. Es kam zu apokalyptischen Szenen. Allein 100 Menschen sollen im Theater gestorben sein.
Zur gleichen Zeit gab es eine Schießerei im 11. Arrondissement, wo zwei Männer auf der Terrasse des Café La Belle das Feuer eröffneten. Eine Zeugin sagte, sie habe von ihrem Fenster aus gesehen und gehört, wie minutenlang geschossen wurde.
Nächster Schauplatz. Das Stade de France, wo sich zumindest ein oder vielleicht auch zwei Selbstmordattentäter mit einer Nagelbombe in die Luft sprengten. Um Panik zu vermeiden, wurde das Spiel im ausverkauften Stadion zu Ende gebracht, doch es kam zu Tumulten. Längst glich zu diesem Zeitpunkt die Pariser Innenstadt einem Kriegsschauplatz, neben der Polizei kam auch die Armee zum Einsatz und riegelte die Stadt ab. Bis vor Mitternacht stieg die Zahl der Toten auf bis zu 60 – doch es stand zu befürchten, dass es noch weit mehr Opfer gibt.
Ausnahmezustand
Besonders dramatisch war die Lage im Theater Bataclan, wo die unmaskierten Täter „Allahu Akbar!“gerufen haben sollen, ehe sie das Feuer eröffneten und Dutzende Geiseln ihre Gewalt brachten. Auch in der Nacht kam es immer wieder zu weiteren Schießereien. Am späten Abend rief Präsident Hollande schließlich den Ausnahmezustand aus – nicht nur für Paris, sondern für ganz Frankreich. Die Grenzen wurden geschlossen, öffentliche Plätze gesperrt und der Verkehr eingeschränkt. Eine Maßnahme, die in der Île-de-France seit den Vorortrebellionen 2005 nicht mehr ausgerufen worden war.
Hollande sagte sichtlich erschüttert, man müsse kühlen Kopf bewahren, Frankreich müsse groß bleiben. „Was die Terroristen wollen, ist, uns Angst zu machen.“Er sprach den Familien der Betroffenen Trost aus. Betroffen zeigten sich auch BritenPremier David Cameron und USPräsident Barack Obama.