„Das alte Europa braucht eine
Wir brauchen ein Europa der Wirtschaft, nicht der Bürokratie, betont WienerbergerChef Heimo Scheuch. Sein Angebot: neue Flüchtlingshäuser in nur sechs Wochen.
Wienerberger ist der weltweit größte Ziegelkonzern, die Nummer eins bei TondachZiegeln, zum Konzern gehört auch Tondach Gleinstätten. 16.000 Mitarbeiter führt Heimo Scheuch, der seit 1996 bei Wienerberger ist, seit 2009 als Vorstandsvorsitzender. Produziert wird in mehr als 200 Werken in 30 Ländern in Europa, den USA und Indien.
Herr Scheuch, Sie kommen gerade aus den USA, dort läuft die Wirtschaft viel runder als in Europa. Was können wir in Österreich von den USA lernen? HEIMO SCHEUCH: Dazu hätte ich drei wesentliche Anmerkungen bzw. Ratschläge für Österreich und Europa. Erstens muss der Arbeitsmarkt flexibilisiert werden, also die Arbeitszeiten und der Zugang zum Arbeitsmarkt, damit Unternehmen die Möglichkeit haben, auf unterschiedliche Nachfrage besser reagieren zu können. Zweitens ist ein massiver Abbau der Bürokratie nötig. Derzeit gibt es einen Bürokratieaufbau, keinen Abbau. Das macht Wirtschaften sehr viel schwieriger. Drittens sind die Lohnnebenkosten zu hoch. Das alte Europa braucht dringend eine Verjüngungskur.
Sehen Sie Anzeichen, dass sich da etwas tut? SCHEUCH: Leider nein. Im Gegenteil.
Der Standort Österreich ist also abgesandelt, wie es Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl formuliert hat? SCHEUCH: Die Bezeichnung „abgesandelt“für den Standort würde ich nicht verwenden, denn man darf das Image eines Landes nicht beschädigen. Aber wir müssen endlich die hausgemachten Probleme beseitigen und Aufbruchsstimmung erzeugen. Und noch eines: Die junge Generation muss stärker mitdiskutieren und mitgestalten. Nicht die Interessenvertretungen, die nur Klientelpolitik betreiben. Das ist nicht mehr zeitgemäß!
Weil wir, wie Sie sagen, zu lange zu viel schöngeredet haben. SCHEUCH: Genau. Gestalten beinhaltet ja, dass man über die Zukunft nachdenkt, sich ein Bild davon macht und entsprechend den Herausforderungen agiert. Wir brauchen stabile Rahmenbedingungen für jene, die in Österreich investieren wollen. Die Politik muss Verantwortung tragen, nicht auf Umfragewerte schielen.
Die gescholtene Regierung hat ja
WOCHENVORSCHAU
etwas getan. Eine Wohnbauoffensive, die Lohnnebenkostensenkung – trotzdem ist die Stimmung unter den Wirtschaftstreibenden sehr negativ. Warum? SCHEUCH: Es wird immer über Initiativen bzw. Projekte gesprochen, aber wo bleibt deren Umsetzung? Es genügt nicht, eine Pressekonferenz einzuberufen und zu sagen: Wir starten jetzt eine Initiative. Die Steuerreform wurde groß verkündet, war aber eine Tarifanpassung, keine Steuerreform. Das ist zu wenig, um wichtige Schritte in die Zukunft zu setzen.
Die Steuerreform reicht also nicht als Anreiz? SCHEUCH: Nein. Weil die Steuerreform nicht zu mehr Investitionen führen wird. Die Menschen werden das Geld in zunehmendem Maße in Konsumgüter investieren, die nicht in Österreich produziert werden. In einem wesentlichen Bereich wie z. B. dem leistbaren Wohnen fehlen hier entscheidende Anreize.
Die angekündigte Lohnnebenkostensenkung ist Ihnen auch zu wenig? SCHEUCH: Das wäre ein erster kleiner Schritt. Aber er muss in einem Gesamtwerk, das konsequent verfolgt wird, umgesetzt werden. Österreich braucht mehr Mut zum Gestalten und weniger zum Verwalten. Das wäre mein Slogan für Österreich.
Wir haben uns ans Verwalten ja schon gewöhnt. Wie sieht denn Ös-
Ihnen terreich in zehn Jahren aus, wenn das alles, was Sie anregen, nicht passiert? SCHEUCH: Ohne jetzt jemanden gewaltig beunruhigen zu wollen: Wenn man zehn Jahre zurückgeht, über Griechenland nachdenkt und wo es heute steht – dann wünsche ich das Österreich nicht. Aber es ist ein Bedrohungsszenario, da muss man aufpassen. Es steht außer Zweifel, dass dringender Handlungsbedarf besteht.
Die Flüchtlingsproblematik beherrscht Europa. Brauchen wir eine Obergrenze, oder einen Zaun? Oder beides? Oder keines von beidem? SCHEUCH: Wir dürfen uns jetzt nicht zurückziehen und abschotten und Zäune oder Mauern bauen. Aber Österreich alleine kann das nicht managen, es braucht die klare Botschaft der EU, unter welchen Voraussetzungen sich jemand in der EU niederlassen kann. Darüber hinaus muss in der EU eine Wertediskussion geführt werden. Wie hat man sich zu verhalten, wie integriert man sich? Mit unseren Nachbarn müssen wir ein besseres Verhältnis bekommen, damit man über die Themen nicht nur spricht, sondern gemeinsam handelt.
Wienerberger hatte ja die Idee, für Indien einfache, aber komplette Häuser zu bauen. Jetzt fehlen in Österreich für bis zu 30.000 Flüchtlinge Unterkünfte im Winter. Haben Sie den Verantwortlichen diese Häuseridee schon angeboten? SCHEUCH: Natürlich steht unsere Idee jedem zur Verfügung. Denn hier könnte man schnell agieren und die Kosten sind pro Einheit äußerst gering (ungefähr 10.000 Euro). Demgegenüber steht in Österreich die lokale Bürokratie, der lokale Bürgermeister muss das wollen, man braucht Grund und Boden und so weiter. Wir wären mit Baufirmen und – besonders wichtig – unter Einbeziehung von Flüchtlingen mit einem Gebäude in längstens sechs Wochen fertig. Dies würde eine nachhaltige und