Seltsame Texte und souveräne Töne
Mehr Schmalz als Schlager: Gabriel Baryllis Musical „Cherubim“in der neuenbuehne.
Ambitioniert war das Vorhaben, nur teilweise gelungen ist die Umsetzung: „Cherubim“, das als Auftragswerk für die neuebuehnevillach entstandene „zauberhafte Musical“, beinhaltet nicht Gabriel Baryllis beste Texte. Der Erfolgsautor hat ja mit Romanen („Butterbrot“), Theaterstücken („Honigmond“, zuletzt in Villach: „Die römische Nacht“) und dem Libretto zum Udo-Jürgens-Musical „Ich war noch niemals in New York“gezeigt, dass er spritzige Dialoge und pointierte Szenen bauen kann.
In der Geschichte um ein vor der Schließung stehendes Theater, dem ein engelgleiches Wesen neuen Lebensmut gibt, sind die gesprochenen Passagen auch die stärksten. Doch Gabriel Barylli ist kein Udo Jürgens: Die Liedtexte gelingen ihm nicht so gut, wie holprige Verszeilen und schiefes Pathos in den mehr als 20 Songs des in Villach uraufgeführten Musicals
VILLACH.
zeigen („Wenn 1000 Blumen mir entgegen blühen, wenn jeder Gruß ist wie ein Kuss, wenn meine Sehnsucht keine Grenzen kennt, dann ist die Freiheit all mein Glück“).
Schlagerton
Den oft anbiedernden Schlagerton deutlich sicherer trifft hingegen der Arrangeur und Komponist Erwin Kiennast mit seiner souveränen, neunköpfigen Musiker-Truppe (die aus Platzgründen vom Band kommt): Professionell arrangiert und rhythmisch abwechslungsreich zeugt jedes Stück von Musicalroutine und Sorgfalt. Ob agitatorisches Protestlied („Lied von der Angstfreiheit“), ruhige Ballade („Abschiedslied“) oder rockiger Sound („Die Zeit ist meine Waffe“) – da entstand solider Mainstream, den man so oder so ähnlich schon gehört hat.
Die stärksten Momente hat die Produktion aber in den Auftritten von Elke Winkens als biestige Prinzipalin. Sie spielt und singt den sanft-kitschigen Engel Isabella Weitz locker an die Wand, berührt mit Witz und Emotion (stark im Song „Ich hab hier nicht gespielt“). Mit Fritz Egger als resigniertem Theaterleiter und Frank Piotraschke als vom Leben und von den Frauen enttäuschtem Dramaturgen kämpft Winkens engagiert gegen die teils hanebüchenen Textzeilen an und rettet, so wie im Stück, auch auf der kleinen, spartanisch ausgestatteten Kellerbühne die Vorstellung.
Die Verleihung der Ehrenbürgerschaft der Stadt Villach an Gabriel Barylli im Anschluss an die Premiere hätte es dazu nicht gebraucht. Gabriel Barylli. Cherubim. Weitere Termine: 9. bis 12., 16. bis 19., 28. bis 30. Dez., 2., 5. bis 9., 12. bis 16., 18. bis 21., 23. Jan.; jeweils 20 Uhr, neuebuehnevillach (Rathausplatz 1, Villach). Karten: Tel. (042 42) 27 341. www.neuebuehnevillach.at