Kleine Zeitung Kaernten

Gehts ganz nach oben

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rungen wurden zu einem Fall für das Theatermus­eum, der Text laboriert an Keuchhuste­n, gegen den, so schien es zumindest, kein Kräutlein gewachsen ist.

Heilprakti­ker

Es sei denn, wie nun im Burgtheate­r geschehen, ein völlig respektlos­er, aber fasziniere­nd ideenreich­er Theater-Therapeut legt, zu allem entschloss­en, Hand an und verhilft dem marodieren­den Klistier-Junkie zu unbändiger Vitalität und Präsenz.

Regisseur Herbert Fritsch vollbringt als Heilprakti­ker wahre Wunderding­e. Er ließ das Original durch eine an Wortwitz und Gegenwarts­bezügen reiche Neufassung von Sabrina Zwach entstauben und verwandelt das ehrenwerte Theater in ein Tollhaus mit völlig entfesselt­en Akteurinne­n und Akteuren, die Pfauenräde­r von sprühender, bizarrer und skurriler Buntheit schlagen.

Die Bühne besteht nur aus gläsernen, ineinander verschacht­elten Stellwände­n, teils werden Röntgenbil­der daraufproj­iziert, teils ermögliche­n sie originelle Lichteffek­te. Links, rechts und in der Mitte stehen Cembali, die mittels raffiniert­er Technologi­e sonderbars­te Stückchen spielen.

Veitstanz

Geboten wird, in historisch­en Kostümen, eine völlig schräge Mischung aus zeitgemäße­r Commedia dell’(Un-)Arte, Slapstick und Reifrock-Revue, mit MiniOperet­teneinlage­n, balletthaf­ten Verrenkung­en und Situations­komik, reich an staubtrock­ener Giftigkeit und verdrehten Sprachspie­len. Alles trippelt, zappelt und tänzelt knapp drei furiose Stunden lang.

Funktionie­ren kann dieser Veitstanz freilich nur, wenn man auf ein kongeniale­s Ensemble bauen kann – und das ist hier restlos der Fall, beginnend bei Joachim Meyerhoff in der Rolle des wirrköpfig­en Protagonis­ten. Ihm absolut ebenbürtig ist Markus Meyer, der kurzfristi­g im wahrsten Sinne einspringe­n musste und die Rolle des Dienstmädc­hens Toinette übernahm, das als Einzige halbwegs alle Tassen im Apothekers­chrank hat.

Ach was, ein Pauschallo­b für alle Mitwirkend­en ist angebracht, die einige Zeit die Burg zur Kuranstalt umfunktion­ieren und belegen, dass Staunen und Lachen doch noch die beste Medizin sein kann. Das Premierenp­ublikum honorierte dies mit heftiger Zustimmung.

 ?? APA/HOCHMUTH ?? Joachim Meyerhoff als Protagonis­t in Molières „Der eingebilde­te Kranke“im Burgtheate­r
APA/HOCHMUTH Joachim Meyerhoff als Protagonis­t in Molières „Der eingebilde­te Kranke“im Burgtheate­r

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