Reichlich Marillenknödel
viel. Auch so kommt noch immer jeder der Neun- bis Vierzehnjährigen auf rund 80 Auftritte pro Jahr – weltweit. Jeder der vier Chöre verbringt etwa elf Wochen des Schuljahres auf Tournee.
Schwierige Jahrzehnte
Nicht zuletzt nachfragehalber gilt das Unternehmen Sängerknaben mittlerweile als wirtschaftlich so stabil aufgestellt wie künstlerisch. Beides war nicht immer selbstverständlich. 1918 wurde der Chor, der bis dahin rein zum Vergnügen des kaiserlichen Hofes konzertiert hatte, aufgelöst, 1924 neu gegründet. 1926 folgte die erste Tournee des Ensembles, das sich nun selbst erhalten musste; 1932 ging es sogar schon zum ersten Mal in die USA.
Nach 1945 waren die Sängerknaben als „singende Botschafter Österreichs“die perfekten Sympathieträger einer Nation, die um die Neudefinition ihrer Identität als Kleinstaat rang: herzig, unschuldig, künstlerisch wertvoll. Rückblickend ging in den Jahrzehnten danach die nimmermüde Imagepolitur wohl zu sehr auf Kosten von Qualität und Konmen struktivität. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts jedenfalls häuften sich Elternproteste gegen autoritäre Führung und Ausbeutung der Kinder. Und der damalige Staatsoperndirektor Ioan Holender kritisierte öffentlich, die Sängerknaben seien bei ihren Auftritten „musikalisch unvorbereitet und schlecht, sie agieren intonationsmäßig schlampig“.
1997 musste Leiter Walter Tautschnig das Amt abgeben, das er 1983 von seinem Vater geerbt hatte – dieser wiederum hatte den Chor seit 1955 geführt. Refor- wurden eingeleitet, seither ist der Geräuschpegel der Diskussion um die älteste Boygroup des Planeten (als Gründungsdatum gilt das Jahr 1498) von fortissimo wieder auf mezzopiano abgesunken. Wohl gab es Anrainerproteste gegen den 2012 im Wiener Augarten eröffneten neuen Proben- und Konzertsaal „Muth“. Und 2013 kritisierte der Rechnungshof, dass die Republik als Eigner den Sängerknaben das Palais im Augarten gratis überlässt – statt dafür monatlich 17.200 Euro Miete zu verlangen. Alles beigelegt. Finanz- und Wirtschaftsministerium legten fest, dass das Gebäude weiter unentgeltlich genutzt werden kann. Dafür wurde sogar das Privatschulgesetz geändert. Fortsetzung auf Seite 4