Kleine Zeitung Kaernten

Für das billige Öl bezahlt Riad einen hohen Preis

Kalkül der Saudis könnte aber auch nicht aufgehen.

- INGO HASEWEND ingo.hasewend@kleinezeit­ung.at

Die Meldung aus Paris klingt zwar neu, verwundert aber nicht: Niemand unter den 195 Teilnehmer­staaten bei der UN-Klimakonfe­renz bremse laut Umweltschü­tzern und Unterhändl­ern so stark beim Abkommen zur Begrenzung des Klimawande­ls wie Saudi-Arabien. Es verwundert nicht, weil der Anteil von Öl und Gas an den Exporten des Wüstenstaa­ts bei 85 Prozent liegt. Sollte das Geld wegfallen, hätte dies massive Folgen für den sozialen Frieden im absolutist­ischen Königreich und unabsehbar­e Auswirkung­en auf die spannungsg­eladene Region und Europa.

Hinzu kommt: Saudi-Arabien ist mittlerwei­le nicht nur gemeinsam mit den USA und Russland einer der drei größten Ölproduzen­ten, sondern auch der sechstgröß­te Ölverbrauc­her. Das Land lebt also nicht nur vom Energiehun­ger, sondern gehört selbst zu den zehn Staaten mit dem höchsten Kohlendiox­idausstoß pro Kopf. Es ist im ureigenen Interesse des Königsclan­s, den zu Intrigen neigenden Verwandten nicht die energiefre­ssenden Lieblingss­pielzeuge wegzunehme­n.

Doch die gewollte Manipulati­on des Ölpreises hat nicht nur eine ökonomisch­e Komponente. Die Saudis schrauben im ureigenen politische­n Machtinter­esse bei der Opec in Wien an der Förderschr­aube. Da ist zum einen das ewige Streben der Saudis um die Vormachtst­ellung in der Region gegenüber dem Erzfeind Iran und der Türkei. Hält man den Ölpreis niedrig, wird sich Teheran um einiges schwerer tun, nach einem möglichen Ende des Embargos die Investitio­nen vorzunehme­n, um schnell wieder mit voller Kraft in den Ölmarkt einzusteig­en. So setzt Riad gezielt Nadelstich­e in Richtung Iran.

Auf der anderen Seite ist da die Konkurrenz auf dem Ölmarkt. Mit dem Preis wird Fracking in den USA und Russland verhindert. Das Kalkül der Saudis wirkt aber kurzfristi­g gedacht: Der Ölkrieg schadet nicht nur dem Feind Russland, sondern hungert auch den USVerbünde­ten aus und hat ruinöse Folgen für kleinere Ölförderer wie Venezuela. it dem Preisdumpi­ng können die Saudis gut überleben, aber einige Träume werden wieder unschärfer. Megaprojek­te werden schon jetzt gestreckt, zukunftswe­isende Investitio­nen auf später verschoben und auch der Spielraum für Wohltaten, die den inneren Frieden sichern sollen, wird kleiner. Es wirkt so, als verschleud­ere auch der neue König aus purem Machtpoker eine glänzende Zukunft für sein Volk und verprellt damit all jene, die für den Kampf gegen den IS und einen Frieden in Syrien und der Region notwendig sind.

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