Sonst sitzt die professionelle Tänzerin Cornelia Scheuer im Rollstuhl – in Bleiburg heißt es die Schwerkraft überwinden und Grenzen aushebeln.
Neugierde“, meint Cornelia Scheuer auf die Frage, was das Publikum mitbringen soll. „Und die Bereitschaft, sich auf Ungewohntes einzulassen.“Denn Lauwarmes wird der außergewöhnliche zeitgenössische Tanzabend „Acousmatic Dance Floor“in Kooperation mit dem Center for Choreography Bleiburg/Pliberk nicht bieten, so viel steht fest.
Feuer gefangen hatte Ulrich Kaufmann als Zuschauer des Unikum-Projekts „Parkour de Danse“in Pontebba letzten Frühling. Dort beeindruckte den Filmemacher und Videokünstler Kaufmann die Tänzerin und Performerin Scheuer in ihrer Präsenz dermaßen, dass er umgehend ein gemeinsames Projekt einfädelte. Zur Komposition „Herbstpathetique/La Mer/Adagio Herbst 2001“seines Vaters Dieter Kaufmann entwickelten Ulrich Kaufmann und Cornelia Scheuer ein knapp einstündiges Solo.
Auf Augenhöhe
Die 46-jährige Scheuer zählt zu den Pionierinnen des Mixed-AbilityDance. Bereits 1996 war die Wienerin Mitglied der „Bilderwerfer“von Daniel Aschwanden, in der erstmals in Österreich Kunstschaffende mit und ohne Beeinträchtigung auf Augenhöhe kooperierten. Seither ist sie unzählige Male regional und international auf der Bühne gestanden, darunter häufig mit der Kompanie „Toxic Dreams“unter Yosi Wanunu.
Ihren künstlerischen Wurzeln entsprechend, die vom demokratischen Geist der Contact Improvisation des US-Amerikaners Steve Paxton geprägt sind, fixiert Scheuer in „Acousmatic Dance Floor“lediglich die choreografischen Eckpunkte und überlässt im Übrigen die poetischen Bilder freischwebend dem Moment.
Im Gegensatz zu ihren sonstigen Auftritten entschied sie sich diesmal bewusst gegen den Rollstuhl als zuverlässigen Begleiter. In einem facettenreichen Tanzvokabular von minimalistischen Bewegungen bis zu raumgreifenden Aktionen konfrontiert sie ihren zarten Körper mit einem geradezu übermächtigen Boden aus flächendeckender Erdanziehung. Ulrich Kaufmanns Kamera projiziert die Choreografie live an die Wand und hebt so subtil die dominante Raumordnung außer Kraft.
Die größte Herausforderung barg jedoch nicht die Welt der Materie, sondern jene der Klänge. „Am schwierigsten war für mich der Umgang mit Dieter Kaufmanns neuer ernster Musik“, sagt Scheuer. „Seine Komposition gibt so stark Stimmungen vor, dass ich gefordert war, etwas entstehen zu lassen, was über ein Kommentieren der Musik hinausweist.“Entstanden ist eine Arbeit über Grenzen im Kopf. Hochaktuell, denkt man an laufende Diskussionen rundum Stacheldraht und Zäune.
Acousmatic Dance Floor. Uraufführung am 10. Dezember, 19.30 Uhr. Wiederholung am 11. 12., 10.30 Uhr, im Kulturni dom Bleiburg/Pliberk Info: www.ccb-tanz.at sowie www.kulturnidom.at