Schubumkehr einer liberalen Großmacht
Schwedens rot-grüne Regierung verabschiedet sich von der flüchtlingsfreundlichen Politik: Die „humanitäre Supermacht“schwenkt um.
Es war kurz vor dem Staatsbesuchs des schwedischen Königspaars in Österreich, als die Kleine Zeitung Audienz im Kungliga Slottet, dem Stockholmer Schloss, bekam. Damals, im Jahr 2007, hatte das Land bereits weltweit die meisten IrakFlüchtlinge aufgenommen. Auf die Frage, ob es ein Problem sei, dass sich das Land mehr und mehr zu einer multikulturellen Gesellschaft entwickle, antwortete Carl Gustaf: „Türen öffnen allein ist zu wenig, man muss die Menschen auch hereinbitten und ihnen weiterhelfen, sich zu orientieren.“Dazu gehöre das Erlernen der schwedischen Sprache ebenso wie die Möglichkeit der Menschen auf Arbeit.
„Jedes Jahr kommen 20.000 neue Schweden dazu. In Städten wie Göteborg, Malmö oder an den Rändern Stockholms gibt es diesbezüglich große Probleme“, erklärte der schwedische König weiter, „wichtig ist die Erziehung dieser Newcomer, eine echte Integration. Die Menschen aus aller Welt müssen erfahren und lernen, wie die schwedische Gesellschaft funktioniert.“Heute ist die Regierung nahe dran, die Öresundbrücke, die Kopenhagen mit Südschweden verbindet, zu schließen, um die Flüchtlingssituation in den Griff zu bekommen. Der Weg über Dänemark ist seit jeher eine der schnellsten Verbindungen nach Schweden, unter SkandinavienUrlaubern gut bekannt als „Vogelfluglinie“.
Dass ausgerechnet Schwedens Premier Stefan Löfven jetzt beim EU-Gipfel eine strengere Flüchtlingspolitik forderte, erstaunte viele. Schweden war über Jahrzehnte das Musterland internationaler Hilfsbereitschaft, als humanitäre Supermacht geschätzt – doch die hat mittlerweile tiefe Risse. Schweden ist allerdings auch jenes EULand, das im Verhältnis zur Bevölkerungszahl am meisten Asylanträge verzeichnet.
Das Königreich mit 9,8 Millionen Einwohnern ist führend bei der Flüchtlingsaufnahme, noch weit vor Deutschland. Nun droht das Aufnahmesystem zu kollabieren, und selbst rot-grüne Kommunen weigern sich, mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Fast 60 Prozent der Bevölkerung wollen weniger Flüchtlinge im Land, noch im September gaben 44 Prozent der Schweden an, mehr Flüchtlinge aufnehmen zu können und zu wollen.
„Mein Europa baut keine Mauern!“, hatte der schwedische Premier Stefan Löfven noch vor ein paar Monaten gesagt. Doch seine rot-grüne Minderheitsregierung schwenkt um, seit es immer häufiger zu sozialen Spannungen und Krawallen kommt, wie zuletzt in den Vororten von Malmö oder Stockholm, wo viele Einwanderer leben. Die rechtsextreme Partei der Schwedendemokraten stürzt sich auf das Thema, das von den Volksparteien viel zu lange mit Sprachlosigkeit belegt war.
Die schrittweise Einführung umfangreicher Grenzkontrollen macht es spätestens im Jänner für Menschen ohne Dokumente praktisch unmöglich, nach