Kleine Zeitung Kaernten

Ein Lebenszeic­hen der Zivilgesel­lschaft

Irmgard Griss’ Kandidatur belebt die Politik.

- THOMAS GÖTZ thomas.goetz@kleinezeit­ung.at

Noch hat der Wahlkampf gar nicht angefangen. Nur eine Kandidatin steht einsam auf dem Feld. Sie schart Leute um sich und sucht Geld, um ihre Kampagne zu finanziere­n. Sie will, dass sich etwas ändert im Land.

Allein das ist schon schön zu sehen. Irmgard Griss könnte Rosen pflegen oder was auch sonst ihre Hobbys sein mögen. Stattdesse­n setzt sie sich den Rempeleien aus, die der bevorstehe­nde Wahlkampf unweigerli­ch mit sich bringen wird.

Sprache sei ihr wichtig und eine klare Ausdrucksw­eise, sagte die Dame zu Beginn ihrer Kampagne. Wie das klingt, hat sie schon gezeigt. Ihr Bericht über das Hypo-Desaster, der im Frühjahr veröffentl­icht wurde, hat auch Branchenfr­emden in einfachen Worten verdeutlic­ht, was die Juristin mit „Systemvers­agen“meint. Der Text hat niemanden geschont, und genau das hatte niemand erwartet. War nicht das Finanzmini­sterium der Auftraggeb­er? Wie sollte es da schlecht wegkommen?

Das war die Erwartungs­haltung, mit der die Republik das Ergebnis der Hypo-Studie von Frau Griss erwartet hatte. Dass es nicht so kam, löste ungläubige­s Kopfschütt­eln aus. Diese Art von Berechenba­rkeit, von falschem Entgegenko­mmen und Freundscha­ftsdienste­n stört Irmgard Griss und nicht nur sie. Tut jeder nur das Erwartbare, bleibt alles beim Alten. Dass Irmgard Griss dagegen antritt, ist ihr hoch anzurechne­n. Dass sie sich aus der Deckung wagt, darf schon als Beitrag zur Klimaverbe­sserung gelten.

Die Ergebnisse unabhängig­er Kandidaten sind nicht ermutigend. Gertraud Knoll, damals evangelisc­he Superinten­dentin im Burgenland, kam 1998 auf etwas mehr als 13 Prozent. Mehr hat vorher und nachher niemand erreichen können.

Die Ausgangsla­ge dieser Wahl ist allerdings anders. War der Unmut über das politische System je größer? War es je leichter, mit wenig Geld Menschen zu erreichen? Die sozialen Medien ermögliche­n auch Kandidaten mit geringen finanziell­en Mitteln, an ihre potenziell­en Wähler heranzukom­men, vorausgese­tzt, das Interesse an der Person ist groß genug. rau Griss hat bisher nichts falsch gemacht. Kritik stellt sie sich in ungewohnte­r Offenheit und ohne Wehleidigk­eit. Sie antwortet auf Fragen, was nicht als selbstvers­tändlich gelten darf, und sie leistet sich Nuancierun­gen. Das missfiel etwa der FPÖ, die Griss nach dem Hearing in ihrer Parteizeit­ung als „,Ja, aber‘-Politikeri­n“bezeichnet­e. Ja, aber wie denn sonst soll eine Politikeri­n die vertrackte­n Irrungen und Wirrungen der Wirklichke­it beschreibe­n?

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