Kleine Zeitung Kaernten

Europa reagiert zurückhalt­end

Die Einführung einer Obergrenze setzt andere Staaten unter Zugzwang. Während man auf dem Balkan vor den Folgen zittert, kritisiert Berlin den Schritt – und die CSU sieht sich bestätigt.

- NOBERT MAPPES-NIEDIEK INGO HASEWEND

Noch war die Obergrenze für Flüchtling­e in Österreich gar nicht beschlosse­n, da kam auf dem Balkan schon die erste Reaktion. Mazedonien schloss schon am Dienstag den Flüchtling­sübergang zu Griechenla­nd; um die 350 Menschen mussten bei eisigen Temperatur­en in ungeheizte­n Bussen ausharren. „Eine Panne bei der Eisenbahn in Slowenien“, begründete das Innenminis­terium in Skopje – was von der slowenisch­en Bahn aber dementiert wurde. „Glückliche­rweise hat die griechisch­e Polizei reagiert und das eigentlich geschlosse­ne Lager im Grenzort Idemoni wieder eröffnet“, sagt Stella Nanou vom UNFlüchtli­ngshilfswe­rk. Dramatisch­e Szenen blieben aus. Wegen des schlechten Wetters in der Ägäis warteten nur 600 Menschen auf den Einlass nach Mazedonien, die meisten von ihnen Syrer. Gestern wurde die Grenze so unerwartet geöffnet, wie sie zuvor geschlosse­n worden war.

Wann immer ein nordwestli­ches Land sein Grenzmanag­ement ändert oder sich eine Änderung nur andeutet, reagieren alle weiter südöstlich gelegenen Staaten sofort. „Wir wollen nicht Hotspot werden“: Der Spruch des slowenisch­en Premiers Miro Cerar ist zwischen Laibach und Skopje immer wieder zu hören. Schließen Österreich oder Deutschlan­d die Grenzen, müssen Slowenien, Kroatien, Serbien und Mazedonien es ebenfalls tun. Sonst wären die Balkanstaa­ten, alle kleiner als Österreich, binnen Tagen überforder­t.

Das erste Mal trat der „Dominoeffe­kt“im November ein. Auf das bloße Gerücht hin, Slowenien wolle künftig nur noch Syrer, Iraker und Afghanen durchlasse­n, taten Kroatien, Serbien und Mazedonien es ihm gleich. Mit nur einem Tag Verzögerun­g folgten alle Balkanstaa­ten Anfang Jänner der Mazedonien öffnete nach 48 Stunden Sperre seine Grenze zu Griechenla­nd wieder. Allerdings dürfen nur Flüchtling­e aus Irak, Afghanista­n und Syrien einreisen, die nach Österreich und Deutschlan­d weiterreis­en

deutschen Entscheidu­ng, keine nach West- oder Nordeuropa durchreise­nden Flüchtling­e mehr ins Land zu lassen. Gestern nun legte Slowenien fest, nur noch Flüchtling­e mit dem Ziel Österreich oder Deutschlan­d einreisen zu lassen.

Kritik aus Deutschlan­d

Internatio­nal ist die Wiener Entscheidu­ng zurückhalt­end kommentier­t worden. Die EU-Kommission wollte die Obergrenze­n überhaupt nicht kommentier­en. Ahmet Davutog˘lu, der türkische Premiermin­ister, in Davos zur Flüchtling­skrise Die deutsche Regierung äußerte sich skeptisch zu der Ankündigun­g, die den Kritikern des Kurses der Kanzlerin Angela Merkel Auftrieb verleiht. Man baue weiterhin auf eine gemeinsame europäisch­e Lösung, betonte Innenminis­ter Thomas de Maizière. Außenminis­ter Frank-Walter Steinmeier äußerte Zweifel: „Wie die Zielvorste­llungen tatsächlic­h in die Praxis umgesetzt werden sollen, das ist mir noch nicht hinreichen­d klar geworden.“Das sei ihm jedenfalls nach der Lektüre

„Das

ist nicht nur ein deutsches Problem, kein türkisches und inzwischen nicht einmal ein syrisches, es ist ein globales Problem.“

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Die „Bild“-Titelseite vom Donnerstag zur Obergrenze

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