Europa reagiert zurückhaltend
Die Einführung einer Obergrenze setzt andere Staaten unter Zugzwang. Während man auf dem Balkan vor den Folgen zittert, kritisiert Berlin den Schritt – und die CSU sieht sich bestätigt.
Noch war die Obergrenze für Flüchtlinge in Österreich gar nicht beschlossen, da kam auf dem Balkan schon die erste Reaktion. Mazedonien schloss schon am Dienstag den Flüchtlingsübergang zu Griechenland; um die 350 Menschen mussten bei eisigen Temperaturen in ungeheizten Bussen ausharren. „Eine Panne bei der Eisenbahn in Slowenien“, begründete das Innenministerium in Skopje – was von der slowenischen Bahn aber dementiert wurde. „Glücklicherweise hat die griechische Polizei reagiert und das eigentlich geschlossene Lager im Grenzort Idemoni wieder eröffnet“, sagt Stella Nanou vom UNFlüchtlingshilfswerk. Dramatische Szenen blieben aus. Wegen des schlechten Wetters in der Ägäis warteten nur 600 Menschen auf den Einlass nach Mazedonien, die meisten von ihnen Syrer. Gestern wurde die Grenze so unerwartet geöffnet, wie sie zuvor geschlossen worden war.
Wann immer ein nordwestliches Land sein Grenzmanagement ändert oder sich eine Änderung nur andeutet, reagieren alle weiter südöstlich gelegenen Staaten sofort. „Wir wollen nicht Hotspot werden“: Der Spruch des slowenischen Premiers Miro Cerar ist zwischen Laibach und Skopje immer wieder zu hören. Schließen Österreich oder Deutschland die Grenzen, müssen Slowenien, Kroatien, Serbien und Mazedonien es ebenfalls tun. Sonst wären die Balkanstaaten, alle kleiner als Österreich, binnen Tagen überfordert.
Das erste Mal trat der „Dominoeffekt“im November ein. Auf das bloße Gerücht hin, Slowenien wolle künftig nur noch Syrer, Iraker und Afghanen durchlassen, taten Kroatien, Serbien und Mazedonien es ihm gleich. Mit nur einem Tag Verzögerung folgten alle Balkanstaaten Anfang Jänner der Mazedonien öffnete nach 48 Stunden Sperre seine Grenze zu Griechenland wieder. Allerdings dürfen nur Flüchtlinge aus Irak, Afghanistan und Syrien einreisen, die nach Österreich und Deutschland weiterreisen
deutschen Entscheidung, keine nach West- oder Nordeuropa durchreisenden Flüchtlinge mehr ins Land zu lassen. Gestern nun legte Slowenien fest, nur noch Flüchtlinge mit dem Ziel Österreich oder Deutschland einreisen zu lassen.
Kritik aus Deutschland
International ist die Wiener Entscheidung zurückhaltend kommentiert worden. Die EU-Kommission wollte die Obergrenzen überhaupt nicht kommentieren. Ahmet Davutog˘lu, der türkische Premierminister, in Davos zur Flüchtlingskrise Die deutsche Regierung äußerte sich skeptisch zu der Ankündigung, die den Kritikern des Kurses der Kanzlerin Angela Merkel Auftrieb verleiht. Man baue weiterhin auf eine gemeinsame europäische Lösung, betonte Innenminister Thomas de Maizière. Außenminister Frank-Walter Steinmeier äußerte Zweifel: „Wie die Zielvorstellungen tatsächlich in die Praxis umgesetzt werden sollen, das ist mir noch nicht hinreichend klar geworden.“Das sei ihm jedenfalls nach der Lektüre
„Das
ist nicht nur ein deutsches Problem, kein türkisches und inzwischen nicht einmal ein syrisches, es ist ein globales Problem.“