Die Erpresser kamen mit Worten süß wie Honig
Ankara bekommt einen Flüchtlingshilfe-Nachschlag.
Nicht einmal zwei Monate hat die Regierung in Ankara verstreichen lassen, um das vielfach Prophezeite auch Wirklichkeit werden zu lassen. Als Ende November die EU-Staats- und -Regierungschefs mit der türkischen Regierung einen Flüchtlingsaktionsplan besiegelten, dafür drei Milliarden Euro Hilfe in Aussicht stellten und im Gegenzug einen besseren Schutz der Grenzen und eine Ausweitung des Kampfes gegen Schlepper einforderten, gab es viele, die sagten: Der schlitzohrige Präsident Recep Tayyip Erdog˘an wird doch spätestens im Frühjahr einen Nachschlag fordern. Immerhin weiß Erdog˘an (und mit ihm auch sein Regierungschef Ahmet Davutog˘lu) um den Trumpf, den die Türkei in der Hand hält. Öffnet Erdog˘an die Schleusen für Flüchtlinge in Richtung EU, wird dort der Leidensdruck schnell wieder steigen. Deutschland, Österreich und Skandinavien werden aufschreien, weil sie die Hauptziele der Flüchtlinge in der EU sind.
Insbesondere die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat er im Auge, weil er weiß, dass sich ihr politisches Schicksal mit der Bewältigung oder Nichtbewältigung der Flüchtlingskrise in ganz Europa entscheiden wird. Er kann also bis zu einem gewissen Grad ihre Agenda steuern, indem er den Hahn des Flüchtlingsstroms auf- und zudreht. Da die EU die Türkei zudem im Kampf gegen IS und auch zur Lösung der Syrienkrise dringend benötigt, kann Merkel sich den Forderungen von Erdog˘an kaum entziehen. Allerdings braucht und will auch die Türkei die Nähe und gute Nachbarschaft zu Europa.
Deshalb kam nun zum ersten Mal die seit Langem avisierte Regierungskonsultation zwischen Ankara und Berlin zustande. Sie ist normalerweise ein Ausdruck besonderer Vertrautheit und Wertschätzung. Deutschland pflegt das bisher nur mit Frankreich, Israel, Russland und China. Berlin öffnet sein Herz und auch seine Schatulle. Reden hilft. Ankara bekommt tatsächlich einen Nachschlag: Für Schulbildung und Gesundheitsvorsorge von fast einer Million Flüchtlingskindern in der Türkei fließt noch mehr Geld. us der anderen Richtung kommt dafür Lobhudelei so süß wie türkischer Honig: „Frau Merkel hat einen historischen Schritt getan“, sagt Davutog˘lu nach dem Treffen. Sie habe sich für eine „humanitäre Haltung“in der Krise eingesetzt, das werde noch in vielen Jahren als positiver Schritt gelten. Mit diesen wohlgesetzten Worten beendete Davutog˘lu seinen Auftritt in Deutschland. Und es klingt ein wenig so, als habe die honigsüße Erpressung gewirkt.
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