Jetzt Fersengeld geben . . .
Wieder einmal ist nach der Wirtschafts- und Finanzkrise vom drohenden Verfall der Europäischen Union die Rede. Die Gefahr ist nicht zu unterschätzen, doch hat Europa im 20. Jahrhundert schlimmere Zeiten erlebt. Fragt doch die wenigen überlebenden Flüchtlinge der Nachkriegszeit. Viele starben an Hunger, Ruhr und Typhus. Die Hilfsbereitschaft damals hielt sich bei ihrer Ankunft im rettenden Österreich in Grenzen, vom Roten Kreuz, Caritas und Diakonie sowie Einzelpersonen abgesehen.
Menschen in Not muss geholfen werden. Da dürfe es keine Obergrenze geben, sagte Rolf Holub zur Debatte über die Zahl der Flüchtlinge, die aufgenommen werden können. Die dramatischen Übergriffe von Köln sind erschreckend, aber auch die Sprache von Politikern ist bedenkenswert. In Bayern haben dreißig Ordensgemeinschaften einen gemeinsamen Brief an Ministerpräsident Horst Seehofer geschrieben mit der Bitte, er solle auf seine Sprache achten und von Polemik und einem Generalverdacht gegen Flüchtlinge entsprechend Abstand nehmen, erläuterte der Provinzial der Franziskaner-Minoriten gegenüber dem Standard. Wir müssen jenen, die politisch oder rassisch verfolgt werden, Asyl gewähren. Es muss jenen beigestanden werden, die vor Tod und Verderben flüchten. ewegen Seehofer, Strache & Co. nicht die Bilder ertrunkener Kinder in der Ägäis? Jahrelang hat man es den Italienern allein überlassen, Tausende vor dem Ertrinken zu retten. Die zunächst für ihr „Wir schaffen das!“hochgelobte Angela Merkel verfiel wegen der Exzesse in Köln der Häme. Laut Umfragen sind diese und die tragischen Geschehnisse in Paris für die Mehrheit der Engländer vermehrter Beweggrund, aus der EU auszutreten und Fersengeld zu geben. Wäre in der Not nicht ein engeres Zusammenrücken konsequenter? Der ehemalige deutsche Außenminister Joschka Fischer stellte sich ein zweites Mal hinter Merkels Entscheidung. Zehntausende Menschen warteten in ungarischen Lagern unter unmenschlichen Bedingungen auf den Weitertransport nach Österreich, Deutschland und Schweden. Merkel tat, was menschlich war. Maßgeschneiderte Zuwanderung gibt es nicht, betonte Fischer in einem Interview von „Phoenix“und fügte hinzu: „Stellen Sie sich vor, es gibt Merkel nicht.“Fischer sprach sich gegen Renationalisierung aus und ist überzeugt, dass Deutschland am europäischen Kurs festhalten wird. Und zur Ehre von Bundeskanzler Werner Faymann sei gesagt, dass er sich bis zuletzt gegen die Festlegung einer Obergrenze gewehrt hat.
Der gemeinsame Besuch von Helmut Kohl und Francois Mitterrand auf dem Friedhof von Verdun, wo sie sich an den Händen fassten, hat für mich Symbolcharakter für ein friedliches, hilfsbereites Europa. Heinz Stritzl war Chefredakteur der Kleinen Zeitung in Kärnten
Die dramatischen Übergriffe von Köln sind erschreckend, aber auch die Sprache von Politikern ist bedenkenswert.“
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