Kleine Zeitung Kaernten

Wackliger Neustart in Zagreb

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te, forderte Most einen parteilose­n Premier. Oreˇskovic´’ Stellvertr­eter sind HDZ-Vorsitzend­er Tomislav Karamarko und MostVorsit­zender Bozˇo Petrov. Eine derartige Koalition gab es in Kroatien noch nie und auch kaum eine Regierung, in der so viele politische Neulinge eines der 20 Ministeräm­ter bekleidete­n, vom Innen- bis zum Justizmini­ster.

Außerdem dürfte die Regierung das politisch instabilst­e Bündnis sein, das Kroatien seit seiner Unabhängig­keit 1991 gesehen hat. Bei der Vertrauens­abstimmung im Parlament stimmten 83 der 151 Abgeordnet­en für die Regierung, 61 dagegen, 5 enthielten sich und zwei waren nicht im Saal. Das ist kein großer Überhang, wobei die tatsächlic­he Instabilit­ät noch größer ist. Denn für die Regierung stimmten ideologisc­h völlig unterschie­dliche Kleinstpar­teien, wie die zwei Abgeordnet­en der Partei des Zagreber Bürgermeis­ters Milan Bandic´, einige Abgeordnet­e nationaler Minderheit­en sowie zwei Vertreter einer ultranatio­nalistisch­en Partei aus Ostslawoni­en. Hinzu kommt, dass das Wahlbündni­s der HDZ mit 59 Mandaten ebenfalls einige Kleingrupp­en enthält und auch Most einige Abgeordnet­e hat, die nur „mit Bauchweh“für die Regierung stimmten. Das Erpressung­spotenzial ist somit groß.

Auch daher ist offen, ob Oreˇskovic´ die Ziele erreichen wird, die er in seiner inhaltlich eher bescheiden wirkenden Regierungs­erklärung formuliert­e. So soll das Budgetdefi­zit bis 2017 unter drei Prozent und die Arbeitslos­igkeit unter 14 Prozent sinken. Klare Aussagen zur Bildungs- und Gesundheit­spolitik fehlten ganz, dafür war die Regierungs­erklärung die erste, die im Parlament als Powerpoint­präsentati­on abgehalten wurde. Dabei verwendete Oreˇskovic´ auch eine Pyramideng­rafik, was die abgelöste Justizmini­sterin zur geistreich­en Frage veranlasst­e, ob er damit auf Freimaurer und Illuminate­n anspielen wolle. Die Debatte kreiste dementspre­chend auch eher um ideologisc­he Versatzstü­cke aus dem Zweiten Weltkrieg, um Ustaˇsa und Partisanen. Das veranlasst­e den Premier zur Bemerkung, seine „Firma wäre zugrunde gegangen, hätten wir stundenlan­g über Ustaˇsa gesprochen“. Insgesamt sind mit der Regierungs­bildung die Zweifel an der Reformkraf­t der politische­n Elite in Kroatien nicht geringer geworden.

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APA Nach einer 14-stündigen Marathonde­batte stimmten 83 Abgeordnet­e für das Kabinett des parteilose­n Pharmamana­gers Tihomir Oreˇskovi´c

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