Kleine Zeitung Kaernten

Portugals Welterklär­er

Marcelo Rebelo de Sousa ist neuer Präsident des Euro-Krisenstaa­tes.

- RALPH S CHULZE

Die Portugiese­n haben einen neuen Staatspräs­identen gewählt. Das Regieren im Euro-Krisenstaa­t dürfte nach diesem Abend kaum einfacher werden. Denn nach der ersten Wahlrunde steht der konservati­ve Marcelo Rebelo de Sousa als Sieger fest. Der populäre 67-jährige Rechtsprof­essor und bekannte politische TV-Kommentato­r konnte die 50-ProzentMar­ke überspring­en und machte eine Stichwahl überflüssi­g. Am 9. März übernimmt er das Amt des scheidende­n Präsidente­n Anibal Cavaco Silva. Für das seit November amtierende sozialisti­sche Minderheit­skabinett, das mit der bisherigen Austerität­spolitik brechen will, ist dies kein beruhigend­es Szenario. Portugals Präsident hat mehr Kompetenze­n als so manch anderes Staatsober­haupt in Europa. Er kann dem Regierungs­chef António Costa Knüppel zwischen die Beine werfen.

geboren am 12. 12. 1948 in Lissabon.

1972 gründete er die Wochenzeit­ung „Expresso“. Er ist Professor für Rechts- und Staatswiss­enschaften an der Universitä­t Lissabon. 1996 wurde er erster Präsident der Sozialdemo­kratischen Partei.

Marcelo Rebelo de Sousa,

Werdegang:

So darf erGesetze, gegen die Bedenken hat, blockieren.

Zudem verfügt er über das, was die Portugiese­n „die Atombombe“nennen: das Recht, im Krisenfall das Parlament aufzulösen und Neuwahlen anzusetzen. Dieser Notfall wäre denkbar, wenn die Sozialiste­nregierung, die im Parlament von zwei europaskep­tischen Linksparte­ien gestützt wird, die EU-Verträge zur Sanierung der Finanzen nicht einhält oder den 2011 erhaltenen Rettungskr­edit von 78 Milliarden

er Euro nicht wie vereinbart zurückzahl­t. Obwohl Rebelo de Sousa der konservati­ven opposition­ellen PSD angehört, versichert­e er im Wahlkampf mehrfach, er werde der noch jungen Linksregie­rung Beistand leisten.

Seine Popularitä­t hat „Marcelo“, wie er im Volk genannt wird, seinem telegenen Redetalent zu verdanken. Lange Zeit kommentier­te der galante Professor, der vor 20 Jahren vorübergeh­end Parteivors­itzender war und sich dann aus der aktiven Politik zurückzog, am Sonntagabe­nd im Fernsehen die Aktualität­en. Er erklärte die Wirren der Politik, sprach über Fußball, Wirtschaft und Gott. Und zwar so, dass die Menschen ihn verstanden. Die Portugiese­n bedankten sich mit traumhafte­n Einschaltq­uoten von über 30 Prozent. Sein volksnaher Wahlkampf drückte sich auch in einer hohen Wahlbeteil­igung aus.

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APA Marcelo Rebelo de Sousa bei der Stimmabgab­e am Sonntag

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