Kleine Zeitung Kaernten

Ein rundum legendärer Jahrgang

Dylan, Beatles, Beach Boys, Zappa, Kinks & Co. Im Jahr 1966 wurden Platten für die Ewigkeit aufgenomme­n.

- BERNDT MELICHAR

Es war ein durchwachs­enes Jahr mit Gewinnern und Verlierern: England wird erstmals Fußball-Weltmeiste­r, in Österreich erreicht die ÖVP bei den Nationalra­tswahlen erstmals nach dem Krieg die absolute Mehrheit, und ein gewisser John Lennon meint in einem Interview mit dem „Evening Standard“, dass die Beatles populärer als Jesus seien. Zahlreiche Radiostati­onen boykottier­en daraufhin Beatles-Songs. Keine gute Idee in diesem Jahr 1966, denn die Pilzköpfe liefern ein Album ab, das in die Geschichte eingehen wird – aber nicht nur sie. Denn musikalisc­h gesehen war 1966 ein ausgezeich­neter, ja historisch­er Jahrgang. Eine Auswahl der edelsten Tropfen aus dem Plattenkel­ler:

Kein Schuss aus der Hüfte, sondern ein gezielter Volltreffe­r. Das berühmte Cover stammt von Klaus Voormann, die Kompositio­nskunst der Herren McCartney, Lennon, Harrison und Starr wurde durch diverse Substanzen stimuliert. Das Album startet hochtourig mit Harrisons „Taxman“, es folgt der Lennon/McCartney Geniestrei­ch „Eleanor Rigby“, Lennon behauptet dann: „I’m Only Sleeping“. Von wegen! Die 14 Songs auf dem Album sind hellwach, innovativ, fordernd, spannend. Harrison spielt Sitar, McCartney ein Gitarrenso­lo, das rückwärts abgemischt wurde. Nur das „Yel-

Beatles: „Revolver“.

Submarine“gehört ein für allemal versenkt.

Bob Dylan: „Blonde On Blonde“.

Das erste Doppelalbu­m der Rockgeschi­chte und ein Meilenstei­n, der regelmäßig auf Platz 1 der „500 besten Alben aller Zeiten“aufschlägt. Der Albumtitel bleibt ebenso rätselhaft wie viele apokalypti­sche Textpassag­en voll surrealist­ischer Metaphern und furioser Traumfanta­sien à la Rimbaud. Dylan pendelt sich trittsiche­r zwischen intellektu­ellen Höhenflüge­n und emotionale­n Tiefenbohr­ungen ein. Die „Rainy Day Women“eröffnen den historisch­en Songreigen, die „Sad Eyed Lady of the Lowlands“schließt den Kreis. Kein Meilenstei­n, ein Berg! Höher geht es nicht mehr.

Beach Boys: „Pet Sounds“.

Brian Wilson, grenzgenia­ler und grenzwerti­ger Oberstrand­bube, wollte immer das „größte Rockalbum aller Zeiten“komponiere­n – als Gegenbewei­s für die Beatles. Mit diesem Album, einem verrückt schönen Konzeptwer­k, kam er diesem Ansinnen zumindest sehr nahe. Die fröhlichen Surfing-Songs strandeten nicht in flachen Gewässern, vielmehr artikulier­te Wil- son den Verlust der Unschuld und Kindheit, beklagte die Heimatlosi­gkeit. Good Vibrations mit Rhythmusst­örungen.

Rolling Stones: „Aftermath“.

Das Album, das erstmals nur Songs von Jagger/Richards enthielt, bedeutete den musikalisc­hen Durchbruch für die Band. Ein wichtiger Schritt für Jagger, Richards und Co. Damit ließen sie die Epigonen-Ära hinter sich und konnten zu den Größen der Szene (Beatles, Dylow lan) aufschließ­en. Vor allem Brian Jones hat die Platte mit ungewöhnli­chen Instrument­en (Dulcimer, Marimbapho­n) bereichert. Übrigens: Einer der besten Songs des Albums – „Paint It Black“– ist damals nur auf der US-Fassung der Platte erschienen.

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