Antarktis in Gefahr
Das Larsen-C-Schelfeis am Südpol könnte auseinanderbrechen. Schmelzwasserseen deuten nun auf eine beschleunigte Erwärmung hin. Das könnte das Klima des ganzen Planeten verändern.
Schmelzwasserseen und Risse an einem riesigen Eisschelf in der Antarktis deuten auf zu starke Erwärmung mit Auswirkungen auf das Weltklima hin.
So viele schlechte Nachrichten gab es lange nicht mehr aus der Antarktis – und dabei zeichneten Forscher bereits im Jahr 2015 ein düsteres Bild von der Zukunft dieses fragilen Ökosystems: Damals stellten Wissenschaftler, unter anderem von der British Antarctic Survey (BAS), mithilfe von Satellitendaten und Radaraufnahmen bereits fest, dass das Eisschelf Larsen C taut.
Die benachbarten Schelfe Larsen A und B waren bereits 1995 und 2002 zusammengebrochen und ließen demnach die Vermutung zu, dass auch das dritte große Eisschelf dünner und damit brüchiger werden könnte. Grund dafür ist, dass in den vergangenen 50 Jahren die Temperaturen auf der Antarktischen Halbinsel um zweieinhalb Grad angestiegen sind. Diese höheren Lufttemperaturen lassen das Schelf von oben schrumpfen, während wärmere Meeresströmungen das Ihrige von unten dazu tun. Das Larsen-Schelfeis, das aus Larsen A, B, C und D besteht, ist ein lang gezogenes Eisschelf an der Ostküste der Antarktischen Halbinsel. „Falls dieses riesige Eisschelf kollabieren sollte, würde es die Gletscher dahinter veranlassen, schneller ins Meer zu fließen“, warnte Paul Holland von der BAS schon damals, als sich ein großer Riss im Larsen-Schelfeis zeigte, der seine Stabilität gefährdet.
Riss wird rasant größer
Diesen Riss konnten Wissenschaftler im antarktischen Winter aufgrund der dann herrschenden Dunkelheit über mehrere Monate nicht über Satellit beobachten. Aktuelle Daten im August zeigten jetzt jedoch, dass der Riss seit März, als man ihn zuletzt untersuchen konnte, rapide gewachsen ist, nämlich um 22 Kilometer. Bisher hatte er sich deutlich langsamer ausgebreitet. Zwischen 2011 und 2015 war er um 30 Kilometer angewachsen. Insgesamt ist er 130 Kilometer lang.
„Da dieser Riss sich weiter ausbreitet, wird letztendlich eine große Sektion des Eisschelfs als Eisberg wegbrechen“, schrieben die britischen Wissenschaftler des Midas-Projekts, die Larsen C beobachten. Computermodelle ließen schon heute vermuten, dass Larsen C dem Schicksal von Larsen B folgen könnte, das 2002 in sich zusammenbrach, nachdem sich dort ein ähnlicher Riss gebildet hatte. Doch die schlech-
ten Nachrichten für die Antarktis enden damit noch lange nicht.
Enorme Schmelzwasser
Eine aktuelle britische Studie der Universitäten Lancaster und Durham hat auch in der Ostantarktis Beunruhigendes entdeckt. Die Satellitendaten von dort erinnern derzeit an das schnell schmelzende Grönland. Wie dort bilden sich in der Ostantarktis in den Sommermonaten Seen aus Schmelzwasser. Zwischen 2000 und 2013 waren es fast 8000. Manche versickern in die Gletscher, was deren Konsistenz schwächen könnte. Was die Seen, die ein Zeichen der Erwärmung sind, genau bewirken werden, ist kaum abzuschätzen. Eine Studie mit See-Elefanten in Australien soll zeigen, wie das schmelzende Eis die Tiefen des Ozeans verändert. Dafür wurden die Tiere mit Satelliten-Tags ausgerüstet. Daten, die von ihnen übermittelt wurden, zeigen, dass das Wasser aus der Eisschmelze das dichtere Wasser in der Tiefe verdünnt.
Wissenschaftler befürchten, dass eine weitere Erwärmung und verstärkte Eisschmelze irgendwann die Meeresströmungen verändern könnten. Letztere sind für die Steuerung unseres Klimas mitverantwortlich. Nicht umsonst gilt die Antarktis mit ihrem Zyklus des Gefrierens und Tauens als Thermostat der Erde.