Kleine Zeitung Kaernten

Gutachter sind am Wort

Der Amokfahrer-Prozess geht ins Finale. Jetzt sind die Gutachter am Wort, dann die Geschworen­en am Zug.

- APA/ERWIN SCHERIAU

Vier Verhandlun­gstage sind absolviert – und alle Fragen offen. Zahlreiche Zeugen haben ausgesagt: Die einen, die nur den Windhauch des vorbeifahr­enden Autos gespürt haben, diejenigen, die nur einen zerrissene­n Schuh davontruge­n. Aber auch Opfer, die schwersten­s verletzt wurden, wurden gehört, auch solche, die bis an ihr Lebensende von den Bildern verfolgt werden. Vom Bild der toten Frau. Vom Bild des kleinen Valentin, der wie schlafend auf dem Pflaster der Herrengass­e lag.

Über Alen R. hat ein Zeuge gesagt: „Ich will nicht mit seinem Gesicht leben.“Wenigstens nicht mit diesem Bild. Dieser junge Mann konnte seinen kleinen Sohn gerade noch retten. Seinem Freund, dem Vater von Valentin, war dieses Glück nicht gegönnt. Das Gesicht von Alen R. bleibt, auch wenn man ihm in die Augen schaut, rätselhaft, blass, undurchsch­aubar. Er sieht sich selbst als traumatisi­ertes Opfer. „Es tut mir leid“, klingt bei ihm hohl.

Es ist fast eine Ironie, dass alle betroffen sind, die Richter, die

Geschworen­en, die Staatsanwä­lte, die Gutachter. Alen R. aber gilt vor dem Gesetz als „der Betroffene“und zeigt keine Emotion. Er wird nicht als „Angeklagte­r“geführt, vor allem, weil er laut Obergutach­ter Jürgen Müller unter paranoider Schizophre­nie leidet und nicht zurechnung­sfähig war. Die Betroffenh­eit der Opfer beweist, wie wichtig der Prozess für sie ist, als Möglichkei­t, mit dem Trauma abzuschlie­ßen.

Viel wird diese Woche, bevor die Laienricht­er allein über die Zurechnung­sfähigkeit entscheide­n, von den Gutachtern abhängen. Vor allem Obergutach­ter Jürgen Müller musste in der ersten Verhandlun­gswoche fast tatenlos zusehen, wie der Prozess gegen seine Position zu laufen schien und die Zweifel an seiner Diagnose immer deutlicher zum Ausdruck gebracht wurden.

Ab morgen sind die Experten am Wort. Müller wird sein Gutachten am Mittwoch sehr überzeugen­d präsentier­en und erklären müssen. „Dann werden Sie es nachvollzi­ehen können“, hat er vorige Woche versproche­n.

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APA Alen R. hat in der ersten Woche die Fragen seiner Verteidige­rin Liane Hirschbric­h beantworte­t. Sonst versagte oft sein Gedächtnis

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