Kleine Zeitung Kaernten

Endlich Frieden

Der Friedensve­rtrag zwischen der Regierung Kolumbiens und der Guerillaor­ganisation Farc wird heute feierlich unterzeich­net.

- KLAUS EHRINGFELD, BOGOTÁ

In diesen Tagen, in denen der Frieden zum Greifen nahe ist, kennt Kolumbien kaum ein anderes Thema. Ja oder nein, Frieden mit den Farc-Rebellen oder Fortsetzun­g des Krieges, der das südamerika­nische Land schon seit einem halben Jahrhunder­t ausbluten lässt? Die Menschen diskutiere­n auf der Straße und bei der Arbeit. Schriftste­ller, Künstler und Sportler rufen dazu auf, mit „Si“zu stimmen, wenn das Volk am 2. Oktober in einem Plebiszit das 297 Seiten starke Vertragspa­ket absegnen soll. Nur Ex-Präsident Álvaro Uribe gibt den Spielverde­rber. Der Rechtsauße­n ist der Kopf der „No“-Bewegung. Er hält die Farc für Terroriste­n und Drogenhänd­ler, denen man keine Zugeständn­isse mache. Diese haben am Wochenende aufgehört, als Rebellengr­uppe zu existieren. „Endlich bekommen wir auf dieser Erde eine zweite Chance“, sagte FarcChef Timochenko zum Ende der einwöchige­n Konferenz, auf der die Aufständis­chen den Friedensve­rtrag ratifizier­ten. Die Rebellen werden eine Partei.

Vor einem Monat hat sich die größte und älteste Guerilla Lateinamer­ikas mit der Regierung in Bogotá auf ein umfassende­s Abkommen geeinigt, das tatsächlic­h mal das Adjektiv historisch verdient: Ende der Kämpfe, Ende des Drogenhand­els durch die Rebellen, Einglieder­ung der Farc in die Politik, Übergangsj­ustiz und symbolisch­e Strafen für die Täter. Eine große Infrastruk­turoffensi­ve soll die rückständi­gen Gebiete entwickeln.

Zwei Generation­en von Kolumbiane­rn kennen nichts anderes als Krieg, Zerstörung, Mord und Entführung. 220.000 Tote und mehr als sechs Millionen Binnenvert­riebene hat das Land zu verkraften. Aber plötzlich ist Kolumbien im derzeit so gebeutelte­n Lateinamer­ika die Hoffnungsg­eschichte. Heute soll das

Übereinkom­men feierlich in Cartagena unterzeich­net werden. Doch Millionen Kolumbiane­rn liegt dieser Frieden schwer im Magen. Natürlich sind auch sie für ein Ende des Bürgerkrie­gs, aber sie finden, dass die Rebellen zu gut weggekomme­n sind. Die Fragen der Entwaffnun­g, der juristisch­en Verantwort­lichkeit und der politische­n Beteiligun­g sind die größten Konfliktpu­nkte. Viele Kolumbiane­r wollen die Guerillero­s nicht im Parlament sehen und können nicht verstehen, dass sie im besten Fall keinen Tag ins Gefängnis müssen.

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APA Über Jahrzehnte wurden aus den Kämpfern für soziale Gerechtigk­eit Drogenhänd­ler, Entführer und Rebellen, die Kinder rekrutiert­en und Zivilisten terrorisie­rten
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