Wenn Nachbars Bäume dunkle Schatten werfen
Hilferuf beim Ombudsmann: hohe Fichten des Nachbarn biegen sich bedrohlich bei jedem Sturm und verschatten Balkone und den Spielplatz. Was kann man tun?
Die Bäume auf unserem Nachbarsgrund sind äußerst hochgewachsen. Diese Fichten sind als Flachwurzler jedes Mal ein Abenteuer, wenn ein Sturm ansteht. Bisher fielen zwar schon Bäume um, aber immer auf den Grund des Besitzers!“, wandte sich ein Leser an den Ombudsmann und fragt sich, was man gegen diese ständige Bedrohung unternehmen könnte. Dazu komme noch, dass durch die hohen Bäume „etliche Balkone, der Spielplatz und der Wäscheplatz sehr lange Zeit im Schatten liegen“.
Ein Anspruch darauf, gesunde Bäume zu fällen, lässt sich nicht aus dem Umstand ableiten, dass es bei gelegentlichen Sturmereignissen zu Baumschäden ge- kommen ist. Nur dann, wenn einzelne Bäume geschädigt wären, sodass sich daraus ein erhöhtes Schadensrisiko ableiten ließe, könnte hinsichtlich derartiger geschädigter Bäume vom Nachbarn die Beseitigung verlangt werden. Das allgemeine Schadensrisiko im Zusammenhang mit Sturmereignissen wird von Ihrem Leser und seinen Mitbewohnern hinzunehmen sein“, erklärt dazu der einschlägige Experte Wolfgang Reinisch.
Laut dem Rechtsanwalt könnten die Betroffenen nur veranlassen, jene Äste abschneiden zu lassen, welche die Grundgrenze tatsächlich überragen. Die Kosten für diese Maßnahmen müssten die Betroffenen allerdings selbst tragen. Eine
„Ein Anspruch darauf, gesunde Bäume zu fällen, lässt sich von gelegentlichen Sturmschäden nicht ableiten.“
Wolfgang Reinisch, Rechtsanwalt FURGLER
zumindest teilweise Fällung von Bäumen könnte laut Gesetz (siehe Gesetzeslage rechts) nur dann erreicht werden, wenn eine unzumutbare Beeinträchtigung bestehe. „Eine solche könnte meines Erachtens nach den mir vorliegenden Lichtbildern nur in jenem Bereich gegeben sein, wo die Äste der Bäume des Nachbarn praktisch bis an die Stirnseite des Hauses heranreichen. Die dort erkennbaren Fenster werden durch die Bäume massiv beschattet, sodass möglicherweise in den dadurch belichteten Räumen praktisch ganztags die Notwendigkeit bestehen könnte, künstliches Licht zu verwenden“, meint Reinisch und folgert: „Hier könnte tatsächlich einer der wenigen Anwendungsfälle vorliegen, wo diese Gesetzesbestimmung greifen könnte.“
Konkretere Aussagen wären aber nur nach Kenntnis weiterer Details (Himmelsrichtung, Verwendungsart der betroffenen Räume und Ähnliches) möglich.
Gemäß § 422 ABGB kann jeder Eigentümer die in seinen Grund eindringenden Wurzeln eines fremden Baumes oder einer anderen fremden Pflanze aus seinem Boden entfernen und die über seinem Luftraum hängenden Äste abschneiden oder sonst benützen. Dabei hat er aber fachgerecht vorzugehen und die Pflanze möglichst zu schonen. Die dafür notwendigen Kosten muss er selbst tragen. Wenn durch Wurzeln oder Äste ein Schaden entstanden ist oder offenbar droht, muss der Eigentümer die Hälfte der notwendigen Kosten ersetzen. Gemäß § 364 Abs. 3 ABGB kann der Grundstückseigentümer einem Nachbarn die von dessen Bäumen oder Pflanzen ausgehenden Einwirkungen durch den Entzug von Licht oder Luft insoweit untersagen,
als sie das nach örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Benützung des Grundstücks führen. Vor Einbringung einer Klage ist zur gütlichen Einigung eine Schlichtungsstelle oder ein Mediator zu befassen oder eine gerichtliche Ladung zum Vergleichsversuch zu beantragen.