Kleine Zeitung Kaernten

Alle Parteien stellen sich hinter Macron

Der Favorit auf das Präsidente­namt kann auf eine breite Front bauen – doch das kann auch nach hinten losgehen.

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An Solidaritä­tsadressen und Glückwünsc­hen fehlt es Emmanuel Macron am Morgen nach der gewonnenen Wahl nicht. Aus aller Welt treffen sie ein. Sie zeugen von der Erleichter­ung, dass der überzeugte Europäer als Sieger in die zweite Runde der französisc­hen Präsidents­chaftswahl­en vorgedrung­en ist und von der Hoffnung, dass er sich dort auch gegen die Rechtspopu­listin Marine Le Pen durchsetze­n wird.

Frankreich­s Sozialisti­sche Partei, deren Spitzenkan­didat Benoît Hamon in der ersten Runde am Sonntag mit demütigend­en 6,4 Prozent ausgeschie­den ist, schlägt sich am Montagnach­mittag ebenfalls auf die Seite des mit 23,8 Prozent bedachten Siegers. Macron dürfte die Beistandse­rklärung mit gequältem Lächeln zur Kenntnis nehmen. Zu den Schwachpun­kten des Politikers, der sich den Franzosen als den traditione­llen Parteien fernstehen­der Erneuerer empfiehlt, zählt nun einmal die Nähe zu den in Ungnade gefallenen regierende­n Sozialiste­n. Dass sie sich um Macron scharen, dürfte seine Chancen nicht eben erhöhen.

Gefolgsleu­te der am Sonntag mit 21,5 Prozent auf Platz zwei gelandeten Chefin des Front National haben Macron bereits genüsslich mit dem scheidende­n sozialisti­schen Staatschef in eins gesetzt und den Spitznamen Emmanuel Hollande verpasst. Und das Schlimmste kommt wohl noch. Hollande, der es zum mit Abstand unbeliebte­sten Präsidente­n der Fünften Republik gebracht hat, will ebenfalls eine Wahlempfeh­lung abgeben. Dass sie zugunsten seines ehemaligen Beraters und Wirtschaft­sministers ausfällt, steht außer Frage.

Da ist nur gut, dass Macron auch aus anderen politische­n Lagern Unterstütz­ung erhält. So haben die konservati­ven Republikan­er nicht nur hinter verschloss­enen Türen mit ihrem in Affären verstrickt­en Kandidaten François Fillon abgerechne­t, der mit 19,9 Prozent ausgeschie­den war. Sie haben wie auch Frankreich­s Grüne eine offizielle Wahlemp- fehlung zugunsten Macrons ausgearbei­tet.

Fillon selbst hatte am Abend der Wahlnieder­lage bereits den Weg gewiesen. „Der Front National steht für Gewalt und Intoleranz“, hatte der Ex-Premier gesagt. „Das Programm des FN stürzt Frankreich in den Bankrott und Europa ins Chaos. Ich werde Emmanuel Macron wählen.“Andere politische Schwergewi­chte der „Republikan­er“wie die früheren Regierungs­chefs Jean-Pierre Raffarin und Alain Juppé waren Fillons Beispiel gefolgt.

Für den als „Erneuerer des politische­n Systems“antretende­n Gründer der Bewegung „Ein Marche!“(Vorwärts!) sind die sich anbiedernd­en Sozialiste­n freilich nicht die einzige Herausford­erung, der er sich in den nächsten Tagen zu stellen hat. Hinzu kommt der geringe Rückhalt im ländlichen Raum. Das Duell Macron gegen Le Pen ist zugleich eines der Städte gegen die Dörfer. In Paris hat der soziallibe­rale Kandidat 35 Prozent erzielt, die rechtspopu­listische Rivalin ganze fünf Prozent.

Während Macron und Le Pen in ihren Wahlkampfz­entralen an einer Strategie feilen, wie sie auf dem Terrain des Gegners Boden gutmachen könnten, liefern sich Gefolgsleu­te der beiden in der Öffentlich­keit bereits heftige Wortgefech­te. Im Radiosende­r „France Info“haben die Sprecher der Stichwahlg­egner ihre Kräfte gemessen. Der Schlagabta­usch machte deutlich, wo die Rivalen Schwachpun­kte des Gegners vermuten, die es auszuschla­chten gilt.

Der für Le Pen sprechende Nicolas Bay beschuldig­te Macron des Vaterlands­verrats, warf dem Widersache­r vor, er wolle die Franzosen mit einer „ultraliber­alen Wirtschaft­spolitik“ins Elend „ungehemmte­r Globalisie­rung“stürzen, dem Terror und der Einwanderu­ng Tür und Tor öffnen. Auf der anderen Seite versuchte Macrons Sprecher Christophe Castaner zu verdeutlic­hen, dass es just der Protektion­ismus Le Pens, ihre Absage an die EU und den Euro sei, was die Franzosen ins Elend zu stürzen drohe.

Wir schlagen heute eindeutig ein neues Kapitel im politische­n Leben Frankreich­s auf. Emmanuel Macron

Es ist Zeit, das französisc­he Volk von den arroganten Eliten zu befreien, die ihm sein Verhalten vorschreib­en wollen. Marine Le Pen

Macron und Le Pen, die vorübergeh­end ihren Parteivors­itz zurückgele­gt hat, um sich ganz auf den Wahlkampf zu konzentrie­ren, dürften sich an diesem Dienstag persönlich begegnen. Hollande hat die beiden zu einer Gedenkfeie­r eingeladen, die zu Ehren des beim Terroransc­hlags in Paris ermordeten Polizisten stattfinde­t. Der Wahlkampf soll dann eine Stunde ruhen. Am 3. Mai können die zwei freilich Versäumtes nachholen. Beim Fernsehdue­ll.

Noch ist Emmanuel Macron freilich nicht Präsident, sondern nur Favorit der Meinungsfo­rscher. Das muss, wie Brexit oder die Wahl Trumps gezeigt haben, nicht viel bedeuten. Für den Beistand, den Konservati­ve, Sozialiste­n und Grüne Macron vor der Stichwahl zugesicher­t haben, gilt das Gleiche. Als die Franzosen 2005 zur Volksabsti­mmung über die EUVerfassu­ng aufgerufen waren, hatten die großen Parteien zu einem massiven Ja aufgerufen. Laut Umfragen schien es beschlosse­ne Sache. Das Volk aber sagte Nein.

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Axel aus Paris

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