Kleine Zeitung Kaernten

„Sehe eine Parallele zur damaligen Zeit“

Esther Bejarano (92) war Mitglied des Mädchenorc­hesters von Auschwitz. Sie warnt vor blindem Egoismus.

- ESTHER BEJARANO: Interview: Claudia Gigler

Damals gab es Nazis und heute gibt es noch mehr Nazis. Es gibt einen Rechtsruck, nicht nur in Deutschlan­d, sondern überall, bei euch ja auch, in Frankreich und in den USA mit Donald Trump. Ich halte das für gefährlich. Nehmen Sie die AfD. Es ist ganz gefährlich, dass sich die alten und inzwischen auch die neuen Nazis trauen, so in die Öffentlich­keit zu treten. Das sind Leute, die früher in keine Partei wie die NPD reingegang­en wären, sich jetzt aber der AfD anschließe­n. Da sehe ich wirklich eine Parallele zur damaligen Zeit.

Es gibt verschiede­ne Sachen, die mir aufgefalle­n sind. Zum Beispiel in Frankreich diese Karikature­n, die sich gegen die Moslems richten. Damals war das der Stürmer, der den Antisemiti­smus noch weiter geschürt hat. Oder die vielen rechtslast­igen Gruppen, die es damals auch gab. Später haben sie sich vereint mit der NSDAP und wurden ganz, ganz stark. Damals wie heute gab es viele Arbeitslos­e, und das ist immer der Nährboden für die Rechte. Die ist aber gegen die Demokratie, da müssen sich alle Antifaschi­sten zusammentu­n dagegen. Die Regierung müsste insbesonde­re auch die NPD längst verbieten, sagen, dass wir so etwas nicht billigen in unserem Land! Die haben Wohnungen abgefackel­t, wo Flüchtling­e untergebra­cht waren, da sind Menschen zu Tode gekommen, das ist eine Katastroph­e! Deutschlan­d ist groß und hält das aus. Aber der Kapitalism­us erzieht die Menschen zum Egoismus. Man will immer mehr Geld. Und die Diskrepanz zwischen Arm und Reich wird immer größer. Ich habe sie nicht geliebt, aber ich habe gesagt, das ist das einzig Gute, was sie bis jetzt gemacht hat. Auch zur Nazizeit haben sich alle verschloss­en gegen die Flüchtling­e aus Deutschlan­d. Meine Eltern hatten meinen Bruder nach Amerika, meine Schwester nach Palästina geschickt. Beide haben sie versucht, uns nachzuhole­n, wir waren noch vier Geschwiste­r. Als wir drangekomm­en wären, hat Amerika die Summe, die man hinterlege­n musste, verdoppelt. Das konnten sich meine Verwandten in Amerika nicht mehr leisten. Viele wissen gar nicht mehr, was das für eine schrecklic­he Zeit war.

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Ist es das, dass es damals „nur“einzelne Nazis waren und jetzt eine breite rechte Bewegung? Esther Bejarano: Gast im KP-Bildungsha­us GrazWas den Zulauf zu den Rechten eint, ist die Sorge, dass zu viele kommen. Was ist Ihre Antwort?

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