Die Stehauf-Frau
Angela Merkel ist die eigentliche Siegerin der Wahl in Nordrhein-Westfalen. Sie hat zuletzt ein erstaunliches Comeback gefeiert – weil sie einfach nur konstant ist.
Angela Merkel hat sich an diesem für ihre Partei glückseligen Wahlabend der üblichen Omnipräsenz in diesen Momenten entzogen. Die einzige Botschaft der deutschen Kanzlerin durfte der überraschend klare Sieger der Landtagswahl in NordrheinWestfalen (und einer der engsten Merkel-Getreuen) verkünden. Die CDU-Vorsitzende habe ihm am Telefon gratuliert und er habe ihr für die Hilfe im Wahlkampf gedankt, sagte Armin Laschet fast beiläufig. Nur nicht übermütig werden, sollte die Botschaft lauten. Der Weg ist noch weit bis zur Bundestagswahl am 24. September.
Dabei müsste eigentlich Merkel eher Laschet für dessen Schützenhilfe danken. Denn der Machtwechsel im bevölkerungsreichsten Land Deutschlands hat mehr mit ihm persönlich als mit seiner Chefin im fernen Berlin zu tun. Laschet hat weniger falsch gemacht als die SPD-Kontrahentin und damit auf eine Strategie gesetzt, die Merkel nicht fremd ist. Von Umfragen nur nicht verrückt machen lassen. Seine Sache durchziehen. Denn Wähler lieben Beständigkeit – das beweist Merkel nun schon seit 2005 beeindruckend.
So war auch ihre Reaktion wieder einmal Merkel-typisch: Während der SPD-Chef schon kurz nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnung mit zerknirschter Miene vor seine Parteigenossen und die Kameras trat, ließ seine Kontrahentin bis zum Morgen danach auf sich warten. Und nutzte dann die Schwäche ihres Herausforderers minimalinvasiv aus. Es beginne eine neue Phase im Wahlkampf, sagte sie in ihrer bekannt unaufgeregten und pragmatischen Art. Sachlich steckte sie die Themen für die kommenden Monate fest. Kein Wort für oder gegen den Herausforderer.
Sie weiß: Die SPD mit ihrem Kanzlerkandidaten ist in den noch anstehenden Sommermonaten immer noch für eine Überraschung gut – auch wenn Martin Schulz seine Strahlkraft im Rekordtempo wieder ver- spielt hat und die SPD wieder zerbrochen am Boden liegt.
Merkels aktuelles Comeback ist tatsächlich beachtlich. Noch vor wenigen Wochen hat man das nahende Ende der deutschen Regierungschefin in der Öffentlichkeit herbeigeredet und -geschrieben. Nach den Siegen im Saarland und SchleswigHolstein steht sie plötzlich wieder unangefochten an der Spitze. Sie handelt frei nach dem Motto von Ex-Kanzler Helmut Schmidt: Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen. Sie erweitert diesen Satz noch: Wer Dramatik will, soll ins Theater gehen. Der „Spiegel“titelt bereits ehrfürchtig „Die Unkaputtbare“. ie Frage nach dem Geheimnis ihres Erfolges war am Abend einmal mehr in Berlin zu sehen. Sie empfing den neuen französischen Präsidenten in aller Freundschaft, auf Augenhöhe – wenn auch sein Respekt zu spüren war. Selbst in der Flüchtlingskrise ging sie langfristig in der EU als Siegerin vom Platz. Sie ist der Ruhepol in einer unruhigen Weltlage. Das mag oft wie Langeweile aussehen, wird aber von vielen Deutschen überaus geschätzt.
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