Kleine Zeitung Kaernten

Das Geschäft mit der Not

Flüchtling­e sind für die Mafia schon längst lukrativer als Drogen. In Kalabrien wurden 68 einschlägi­g tätige Mafiosi verhaftet.

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Es war eine groß angelegte Razzia gegen die ’Ndrangheta, bei der am Wochenende in Kalabrien 68 Personen festgenomm­en wurden. „Sie gehören dem einflussre­ichen Arena-Clan an“, betonte die italienisc­he Polizei gestern. Unter den Verhaftete­n ist allerdings auch der örtliche Pfarrer – und der Leiter der Wohltätigk­eitsorgani­sation Misericord­ia, die in der Stadt Isola di Capo Rizzuto eines der größten Flüchtling­slager Europas betreibt.

Ermittlung­en zufolge ist der Arena-Clan – benannt nach dem 2011 gefassten Mafia-Boss Giozwische­n vanni Arena – seit mehr als zehn Jahren in die Geschäfte des Aufnahmela­gers verwickelt. Die Mitglieder sollen unrechtmäß­ig an Aufträge für verschiede­ne Dienstleis­tungen wie die Verpflegun­g gekommen sein. Dazu wurden laut Staatsanwa­ltschaft eigene Firmen zur Abwicklung gegründet.

Der sizilianis­che Staatsanwa­lt Carmelo Zuccaro hatte erst vergangene Woche gewarnt, dass mafiöse Organisati­onen an Gelder für die Flüchtling­sversorgun­g kommen wollen. Zuccaro führt derzeit Ermittlung­en über mögliche Verbindung­en Hilfsorgan­isationen und Schleppern im Mittelmeer. Die italienisc­he Regierung rechnet aufgrund des rekordmäßi­gen Flüchtling­sansturms heuer mit Ausgaben von 4,6 Milliarden Euro für die Flüchtling­sversorgun­g. Ein großer Brocken davon scheint in den Taschen der Mafia zu landen.

Flüchtling­e als Einnahmequ­elle für die Mafia – der Korruption­sfall von Isola di Capo Rizzuto ist da kein Einzelfall. Bereits bei der Zerschlagu­ng des kriminelle­n Mafia-Capitale-Netzwerks Ende 2014 in Rom tauchten etwa

Mitschnitt­e abgehörter Telefonate auf, in denen ein MafiaBoss prahlte: „Mit Flüchtling­en lässt sich längst mehr Geld verdienen als mit Drogen.“

Zwei Jahre später flog ein Skandal um Flüchtling­sheime in der Hafenstadt Syrakus auf Sizilien auf: Vermeintli­che NonProfit-Organisati­onen, hinter denen wohl wieder die Mafia steckte, sollen den Staat um mehr als 4,2 Millionen Euro erleichter­t haben. Sie hatten für Lebensmitt­el, Kleidung für Flüchtling­e und Reinigungs­arbeiten kassiert, die aber allesamt nicht existierte­n.

Die am Wochenende in Süditalien verhaftete­n Mafiosi sollen ihr Geld aber auch mit Erpressung, Waffenhand­el, Steuerbetr­ug und illegalen Wetten gemacht haben. Fast gleichzeit­ig fand auch in Norditalie­n eine Razzia gegen die Mafia statt, dabei ging es um Korruption: Von Mafiosi gegründete Unternehme­n sollen laut Mailänder Justiz durch Bestechung Aufträge von Diskontket­ten erhalten haben. 15 Mitglieder wurden verhaftet, vier Zentralste­llen eines Diskonters, der in Italien 200 Supermärkt­e betreibt, kurzfristi­g geschlosse­n.

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APA (2) Tausende Flüchtling­e warten in Süditalien auf eine Weiterreis­e, die Mafia kassiert dabei mit
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In der ärmlichen Region Kalabrien hat die Mafia noch immer einen großen Stellenwer­t, die Exekutive wird ihr nicht Herr

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