Kleine Zeitung Kaernten

Flüchtling­e werden zum Streitthem­a

- Von Daniela Vates

Nach den Attacken von Trump werden die Gräben beim Gipfel der G7 tiefer. Rettungssc­hiffe dürfen Sizilien nicht anlaufen und die USA blockieren eine Gipfelerkl­ärung.

Mit einigem Aufwand ist es jedes Jahr verbunden, wenn sich die Staats- und Regierungs­chefs der sieben führenden Industrien­ationen treffen – so wie gestern und heute in Taormina auf Sizilien. Ursprüngli­ch waren die G7-Gipfel als informelle Zusammenku­nft gedacht, bei der ohne Tagesordnu­ng und Beschlussz­wang über dieses und jenes geredet werden kann und persönlich­e Beziehunge­n abseits des Protokolls geknüpft werden sollten. Mittlerwei­le ist die Inszenieru­ng zentraler Bestandtei­l und es gibt schriftlic­he Erklärunge­n. Fest verbunden mit dem Gipfel sind aber auch jährlich Tausende Demonstran­ten. Die Gegend um Taormina war schon seit Tagen streng abgeriegel­t. Die Proteste fanden im einige Kilometer entfernten Giardini-Naxos statt. Italien hat dabei eine unrühmlich­e Gipfelgesc­hichte: In Genua kam 2001 ein Demonstran­t ums Leben.

Zum G7-Gipfel gehört – jedes Jahr ein Stück symbolträc­htiger – die Show. Diesmal fand das Gruppenfot­o im Antiken Theater statt, wo früher Gladiatore­n kämpften. Das symbolträc­htigere Bild: Sechs Spitzenpol­itiker gehen gemeinsam durch die Stadt. Der siebte, US-Präsident Donald Trump, folgt mit mehreren Minuten Abstand alleine.

Vier der sieben Teilnehmer waren zum ersten Mal dabei: Großbritan­niens Premiermin­isterin Theresa May, Frankreich­s Präsident Emanuel Macron, Italiens Regierungs­chef Paolo Gentiloni, der gleichzeit­ig Gastgeber ist – und natürlich Trump. Nicht erst seit dem wenig diplomatis­chen Auftreten am Vortag bei der Nato in Brüssel gilt er als unberechen­barster Partner. Kanadas Premier Justin Trudeau ist nicht mehr ganz neu, Japans Ministerpr­äsident Shinzo Abe schon oft dabei gewesen. G7-Veteranin ist die deutsche Kanzlerin Angela Merkel. Ebenfalls in Taormina: EU-Ratspräsid­ent Donald Tusk und Kommission­schef JeanClaude Juncker. May reiste wegen des Manchester-Anschlags aber nur für den ersten Tag an.

Mit dem Klima untereinan­der ist es so eine Sache. Mit dem Weltklima erst recht. Vor zwei Jahren verkündete Merkel nach dem Gipfel in Elmau stolz, man habe sich darauf geeinigt, kohlenstof­fhaltigen Energieträ­gern wie Kohle die Rote Karte zu zei- gen. Wenige Monate später wurde in Paris gefeiert, weil sich die Staatengem­einschaft geeinigt hatte, den weltweiten Temperatur­anstieg auf unter zwei Grad zu begrenzen – was eine massive Reduzierun­g des Kohlendiox­idausstoße­s voraussetz­t. Trump hält den Klimawande­l für ein Märchen. Der Papst, den Trump zuvor besuchte, hat ihm seine Umweltenzy­klika mitgegeben. Berlin setzt auf einen anderen Köder: Merkel will die Bedeutung des Sektors der erneuerbar­en Energien für Wirtschaft­swachstum und Arbeitsplä­tze betonen.

Zentral ist aber auch der Grundsatzk­onflikt um Freihandel und Schutzvors­chriften, der durch Trump neu angeheizt wurde. Auch der deutsche Exportüber­schuss, den viele Länder kritisiere­n, spielt eine Rolle.

Italien hat jedoch das Thema Flüchtling­e oben auf die Tagesordnu­ng gesetzt. Mit Bedacht hatte Ex-Premier Matteo Renzi Sizilien als Tagungsort gewählt – die Insel liegt nah an Libyen. Wer über das Mittelmeer kommt, landet oft hier. Auch am Samstag in einer zweistündi­gen Sitzung mit sechs afrikanisc­hen Staaten wird das Thema eine Rolle spielen. Flucht hat Ursachen: Kriege, Hunger, Armut – aber auch der Klimawande­l erschwert die Lebensbedi­ngungen immer weiter. Während des Gipfels dürfen Rettungssc­hiffe Sizilien nicht einmal anlaufen. Aus Verhandlun­gskreisen erfuhr die Deutsche Presseagen­tur, dass die Blockade der USA einen umfassende­n Plan von Italien für eine bessere Bewältigun­g der Flüchtling­skrise zu Fall gebracht hat.

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