Lkw-Fahrer belastet Chefs
Prozess zu Flüchtlingsdrama auf A 4: Laut Lkw-Lenker war Boss der Schlepperbande „bereit zu Mord an 71 Menschen“.
Ich durfte nicht anhalten, ich musste sogar in der LkwFahrerkabine urinieren.“Beim vierten Verhandlungstag im ungarischen Kecskemét zum A4-Flüchtlingsdrama mit 71 Toten stand gestern der Fahrer des Kühl-Lkw im Mittelpunkt. Er belastete vor allem den mutmaßlichen Boss der Schlepperbande, dessen Stellvertreter und den Begleitfahrer.
Der 26-Jährige bekannte sich nur der Schlepperei schuldig. „Ich wollte niemandem schaden“, sagte er in der von Richter Janos Jadi verlesenen Aussage aus dem Vorverfahren. Die 71 Flüchtlinge erstickten im August 2015 hilflos in dem vom Bulgaren gelenkten Kühl-Lkw. Obwohl die Menschen im Frachtraum lauthals auf sich aufmerksam machten, dass sie keine Luft mehr bekamen, fuhr der 26-Jährige einfach weiter. Er habe erst während der Ermittlungen erfahren, dass der Lkw nicht für den Transport von Menschen geeignet sei.
Laut Überwachungsprotokoll telefonierte er mehrmals mit seinen Komplizen – diese verbaten ihm, den Wagen zu stoppen. Der Lenker berichtete mehrfach über die Schreie und das Trommeln der Flüchtlinge auf der Ladefläche. „Ich wusste nicht, dass die Insassen in Gefahr sind“, meinte er in der Aus- sage. Der Drittangeklagte, der den Transport begleitet hatte, behauptete demnach, in der Lkw-Wand sei ein Loch zu sehen, durch das jemand einen Finger gesteckt habe – also hätten die Migranten genug Luft. „Nur wegen ihm bin ich im Gefängnis, mein Leben ist kaputt“, sagte der 26-Jährige.
Vize-Chef, ebenfalls ein Bulgare, soll zudem behauptet haben, in Kontakt mit den eingeschlossenen 71 Menschen zu stehen. Er habe den Menschen auf der Ladefläche gesagt, dass sie keinen Lärm mehr machen sollen – 20 Minuten später war dann Ruhe. Der