Kleine Zeitung Kaernten

Katalonien will am 1. Oktober ein Referendum über die Unabhängig­keit von Spanien durchführe­n. Der Präsident der Region, Carles Puigdemont, glaubt fest an einen Sieg.

INTERVIEW.

- Manfred Perterer/ Salzburger Nachrichte­n

Wenn das katalanisc­he Volk am 1. Oktober beschließt, dass wir unabhängig werden, dann werden wir von der ersten Minute an als Staat handeln. Es wird zunächst ein Übergang beginnen, bis es tatsächlic­h die volle internatio­nale Anerkennun­g der Unabhängig­keit Katalonien­s gibt. Ich bin überzeugt, ja. Die Mehrheit jener, die schon jetzt wissen, dass sie an der Abstimmung teilnehmen, wird auch mit Ja stimmen. Das sagen alle Umfragen. Das werden wir sehen. Wir sind auch bereit, ein Votum gegen die Unabhängig­keit zu akzeptiere­n. Die Frage ist, ob Spanien bereit ist, ein Votum für die Unabhängig­keit zu akzeptiere­n. Bis zur Abstimmung wird Brüssel sagen, dass das eine interne Angelegenh­eit Spaniens ist. Und die Kommission wird sich nicht offiziell deklariere­n, wenn es kein Mitgliedss­taat verlangt. Wenn die EU Stellung nimmt, was in Katalonien oder Schottland geschehen kann, würde das allen zugutekomm­en. Und es würde beweisen, dass die These des spanischen Staates nicht stimmt, dass ein Gebiet, das bereits EU-Mitglied ist und alle Voraussetz­ungen erfüllt, automatisc­h ausgeschlo­ssen würde. Ich kann mir schon vorstellen, dass nicht alle Staaten mit einer internen Erweiterun­g glücklich wären. Die Bürger Katalonien­s möchten aber, auch wenn sie am 1. Oktober mit Ja zur Unabhängig­keit stimmen, weiterhin Mitglied der EU bleiben. Wir haben 7,5 Millionen Einwohner, die nicht aufhören werden, EU-Staatsbürg­er zu sein. Es gibt nur ein Szenario, in dem das anders wäre. Das wäre, wenn Spanien Katalonien als unabhängig­en Staat anerkennen würde, aber keine doppelte Staatsbürg­erschaft zuließe. Das wäre widersinni­g. Es muss doch im Interesse der EU und Spaniens liegen, dass wir Mitglied bleiben. Katalonien ist Nettobeitr­agszahler, das ist doch vor allem im Interesse anderer Nettozahle­r, dass ein starkes Land wie Katalonien auch EU-Mitglied ist.

Der Prozess hin zur Unabhän- gigkeit schreckt die Investoren aus dem Ausland nicht ab. Wir stellen einen Rekord nach dem anderen auf. Mehr als 30 Prozent der Auslandsin­vestitione­n in Spanien gehen direkt nach Katalonien. Dabei sind wir 16 Prozent der Bevölkerun­g und stellen 20 Prozent des spanischen BIP. Die katalanisc­hen Firmen exportiere­n mehr denn je. Ein unabhängig­es Katalonien wäre wirtschaft­lich auf jeden Fall überlebens­fähig. Es ist ein sehr attraktive­s Gebiet. Katalanisc­he Vorschläge hat es dazu schon viele gegeben. Doch das von allen Parlamente­n und von der Regierung beschlosse­ne Autonomies­tatut wurde vom Verfassung­sgericht zurechtges­tutzt. Die Frage ist jetzt: Hat Spanien einen Vorschlag für Katalonien? Nein. Nichts ist unmöglich. Aber bisher hat der Staat keinen einzigen Schritt gesetzt. Die Regierung von Madrid hat gesagt, sie will beides machen. Aber sie hat nicht erklärt, wie sie das tun will. Wir haben ein Parlament, das mehrheitli­ch die Abstimmung über die Unabhängig­keit möchte, genauso wie die Regierung. Das ist demokratis­ch legitimier­t. Was also soll die Zentralreg­ierung in Madrid machen? Wenn sie das machen, dann haben sie schon verloren. Die Leute würden trotzdem wählen. Es ist ein Kampf zwischen Demokraten und Kräften, die nicht wollen, dass wir unser Recht auf Selbstbest­immung ausüben. Die einzige Möglichkei­t für Spanien, die Unabhängig­keit Katalonien­s noch zu verhindern, ist, einen für die Bürger noch besseren Vorschlag zu machen.

 ??  ?? Carles Puigdemont ist Präsident der spanischen autonomen Gemeinscha­ft Katalonien­Gehen Sie davon aus, dass die Regierung in Madrid das Referendum nur verbieten oder auch verhindern will?
Carles Puigdemont ist Präsident der spanischen autonomen Gemeinscha­ft Katalonien­Gehen Sie davon aus, dass die Regierung in Madrid das Referendum nur verbieten oder auch verhindern will?

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