Grenzstreitigkeiten wie unter Nachbarn
V orausschicken darf ich, und zwar völlig uneitel, dass mir die Bucht von Piran und Istrien nicht unbekannt sind. Das heißt, dass mir niemand unterstellen kann, dass ich nicht wüsste, worüber ich schreibe.
Gerade wegen meiner Kenntnisse hege ich im Streit um den Grenzverlauf in der Bucht von Piran für das Verhalten Kroatiens keine Sympathien.
Vor Jahren haben sich die Ministerpräsidenten beider Staaten über ein Schiedsverfahren geeinigt. Nun will Kroatien das Ergebnis nicht anerkennen.
Tatsache ist, dass das Den Haager Schiedsgericht im Streit eher zugunsten Sloweniens entschieden und Kroatien angekündigt hat, den Schiedsspruch nicht umsetzen zu wollen. Martialisch hat der kroatische Ministerpräsident Plenkovic´ gemeint, sein Land habe die Möglichkeiten, das Staatsgebiet und die Interessen zu verteidigen.
Der slowenische Premier Cerar hingegen sicherte zu, sein Land werde die Entscheidung umsetzen. In anderen Erdteilen beginnen mit solcher Verbalmunition Kriege. Den Haag sagt, Slowenien solle künftig den größten Teil der Adriabucht von Piran kontrollieren und einen Korridor zu internationalen Gewässern erhalten.
Die salomonischen Richter haben auch Kroatien einen Profit zugebilligt. Die Landgrenzen wurden teilweise begradigt und es bleiben drei strittige Dörfer kroatisch.
Wie auch immer. Slowenien hat eine Küste mit 46 Kilometern. Die kroatische Küstenlinie an der Adria ist 1778 Kilometer lang, zählt man zusätzlich die Inseln dazu, beträgt die Länge 6176 Kilometer. Und dann streitet Kroatien um ein paar Seemeilen … S lowenien hat gegen den Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union kein Veto erhoben, obwohl der Grenzstreit nicht beigelegt war. Die Geste war nutzlos. Wie gesagt, der kroatische Ministerpräsident hat gemeint, sein Land habe die Möglichkeiten, das Staatsgebiet und die Interessen zu verteidigen. Vielleicht war Slowenien zu nobel.
Janko Ferk ist Schriftsteller, Jurist und lehrt an der Universität Klagenfurt
„Zagreb sollte nicht vergessen, dass Slowenien dessen Beitritt zur EU nicht mit einem Veto blockiert hat.“