Wende im HCB-Fall: Zementwerk wirft Anwalt, Prozessfinanzierer und Psychiater vor, durch falsche Informationen Görtschitztaler psychisch zu belasten.
Eine überraschende Wende nahm gestern am Landesgericht Klagenfurt die Aufarbeitung des HCB-Falls. Erstmals wurde eine Zivilrechtsklage verhandelt, in der es um gesundheitliche Schäden geht. Eine junge Mutter fordert für sich und ihr Kind Schadenersatz von Wietersdorfer Zementwerk (w&p), Donau Chemie (DC) und Republik Österreich wegen gesundheitlicher Probleme – vor allem psychischer Natur.
An diesem Punkt hakten die Rechtsvertreter von w&p ein. Sie werfen dem Anwalt der Klägerin, Wolfgang List, dem Prozessfinanzierer Advofin und dem Psychiater der Frau vor, bewusst Falschinformationen zu verbreiten und dadurch die psy- chische Belastung der Betroffenen zu verstärken. Zudem habe man die Sorgfaltspflicht verletzt und die Mandanten nicht ausreichend über Studien aufgeklärt, die besagen, dass durch deren HCB-Belastung kein gesundheitliches Risiko bestehe. „Sollte Wietersdorfer schuldig gesprochen werden, wird man sich an diesen drei Parteien regressieren“, erklärt Pressesprecherin Michaela Hebein.
das Vorgehen als makaber: „Jetzt sollen nicht die Täter schuld sein, sondern der Anwalt der Opfer. Das ist wirklich an Originalität nicht zu übertreffen.“Er werde ebenso wie die Vertreter von Advofin in den Streit eintreten. Der Psychiater war gestern nicht vor Ort. In Zukunft wird Wietersdorfer bei jedem Prozess, in dem auf Schadenersatz für psychische Schäden geklagt wird, eine solche Streitverkündung einbringen. Ob die Donau Chemie ebenso vorgeht, habe man noch nicht entschieden, sagte deren Verteidigerin.
Im Fall der Klägerin wurde gestern lediglich das weitere Vorgehen besprochen. Das Argument der Verteidigung, man könne nur von psychischen Problemen sprechen, wenn die erhöhte HCB-Belastung tatsächlich körperlichen Schaden anrichten könne, ließ Richter Ernst Baumgartner aber dabei nicht gelten: „Man kann ja nicht sagen: Du hast keinen Schrecken bekommen, weil es sich im Nachhinein herausgestellt hat, dass nix war.“Nun werden Gutachter bestellt, die den Gesundheitszustand der Frau beurteilen sollen.