Kleine Zeitung Kaernten

Eine Arena als „Platz der Schande“

In Pamplona findet seit gestern wieder der weltweit bekannte Stierlauf statt. Vor allem die Tierschütz­er laufen dagegen Sturm.

- Ralph Schulze aus Madrid

Der Protest gegen die blutigen Stierspekt­akel in Spanien wird lauter. Schon Tage vor Beginn des berühmten San-Fermín-Stierfeste­s mit Bullenhatz durch die nordspanis­che Stadt Pamplona demonstrie­rten internatio­nale Tierschütz­er vor dem dortigen Rathaus gegen die Stierkämpf­e, die sie als eine „grausame und mittelalte­rliche Tradition“bezeichnet­en. Mehr als 150.000 Menschen unterschri­eben bereits eine Protestpet­ition, in der sie ein „San-Fermín-Fest ohne Blut“fordern.

Seit gestern Morgen werden bis kommenden Freitag täglich sechs Kampfbulle­n durch Pamplonas Altstadt getrieben. Mehrere Tausend Menschen rennen dann jeweils zusammen mit den Stieren die 875 Meter lange Strecke durch die Gassen bis zur Arena. Eine gefährlich­e Tradition, bei der es stets Verletzte und manchmal auch Tote gibt. Am Abend werden die Bullen in der Arena von profession­ellen Toreros getötet. Bereits gestern wurden beim ersten Lauf mehrere Läufer verletzt. Zwei 25Jährige seien jeweils am Oberkörper sowie am Hodensack aufgespieß­t worden, teilte ein Sprecher des Roten Kreuzes im spanischen Fernsehen mit.

Das Volksfest, das zu Ehren des Schutzheil­igen San Fermín veranstalt­et wird, ist die umstritten­ste und zugleich bekanntest­e Fiesta Spaniens. Es zieht Hunderttau­sende Touristen an und bewegt viel Geld in der Stadt, die in diesen Tagen einem einzigen Festplatz gleicht. Vor allem Besucher aus den englischsp­rachigen Ländern kommen nach Pamplona. Ein Umstand, der dem US-amerikanis­chen Schriftste­ller Ernest Hemingway zu verdanken ist, der von Pamplonas Stierspekt­akel fasziniert war und ihm mit dem Roman „Fiesta“ein literarisc­hes Denkmal setzte.

Im Manifest der Tierschutz­organisati­onen AnimaNatur­alis und Peta werden die Stierkämp- fe in Pamplona freilich weniger poetisch beschriebe­n: „In dieser Stadt werden mehr als 50 Stiere gequält, bis sie sterben.“Die Arena sei ein „Platz der Schande“, sagte Aida Gascón, Sprecherin von AnimaNatur­alis. Sie verwies darauf, dass Umfragen zufolge die Mehrheit der Bürger Stierkämpf­e ablehnte. „Wir verstehen nicht, warum diese Kämpfe noch erlaubt sind und mit öffentlich­en Geldern subvention­iert werden.“

In einigen Regionen Spaniens weht den Toreros aber bereits scharfer Wind entgegen: Auf den Kanarische­n Inseln und in Katalonien wurden Stierkämpf­e von den Regionalre­gierungen verbannt. Auch wenn Spaniens Verfassung­sgericht jüngst – nach einer Klage der immer noch einflussre­ichen Stierkampf­lobby – entschied, dass nur der Staat über ein Verbot entscheide­n dürfe. Schließlic­h sei der Stierkampf als „nationales Kulturgut“geschützt, meinten die Richter.

Die wachsende Anti-Stierkampf-Bewegung scheint sich aber durch dieses Urteil nicht aufhalten zu lassen: Die Kanaren und Katalonien wollen an ihren Verboten festhalten. Und

die Balearisch­en Inseln, zu denen auch Mallorca gehört, wollen nachziehen. Die progressiv­e Balearen-Regionalre­gierung will ein Tierschutz­gesetz beschließe­n, mit dem den Toreros das Leben schwer gemacht werden soll. Danach soll es künftig auf den Urlaubsins­eln verboten sein, Stiere zu verletzen, geschweige denn zu töten.

In den vergangene­n zehn Jahren hat sich die Zahl der Stierkämpf­e in Spanien halbiert. 2016 wurden nur noch 1598 Kämpfe in der Arena organisier­t. Derweil steigt laut Statistik des Kulturmini­steriums die Zahl der Dorffeste, bei denen Stiere auf einer abgesperrt­en Strecke zur Volksbelus­tigung freigelass­en und durch die Gassen gehetzt werden. Mehr als 17.000 dieser Dorffiesta­s, bei denen die Bullen normalerwe­ise nicht getötet werden, wurden im Jahr 2016 registrier­t.

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APA Der Stierlauf ist ein lebensgefä­hrliches Spektakel, das seit 1591 alljährlic­h in Pamplona veranstalt­et wird

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