EZB könnte den Fuß vom Gas nehmen
Der deutsche Bundesbank-Präsident Jens Weidmann erzählt in Wien, was bald der Geldflut folgen sollte.
Die Elferfrage kann und darf Jens Weidmann, Präsident der Deutschen Bundesbank und Mitglied des EZB-Rats, nicht beantworten: Wann und wie die Europäische Zentralbank den Ausstieg aus ihrer extrem expansiven Geldpolitik einleitet.
EZB-Beobachter erwarten die Antwort spätestens im Herbst. Seit Wochen werden Äußerungen von EZB-Chef Mario Draghi und EZB-Ratsmitgliedern in diese Richtung interpretiert. Weidmann positionierte sich bei einer Podiumsdiskussion mit Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny und Finanzminister Hans Jörg Schelling in Wien so: Die gute Wirtschaftserholung erlaube, dass man den Fuß etwas vom Gas nehmen könne. „Keine Vollbremsung“, betonte er ausdrücklich – was kein abruptes Ende der im Moment noch enormen Anleihenkäufe durch die EZB in Höhe von 60 Milliarden Euro monatlich bedeuten würde. Wendepunkt könnte der Jahreswechsel sein. Beim Start des Programms wurde die Laufzeit bis mindestens Ende 2017 ausgelegt.
Weidmann war als einziger EZB-Rat eindeutig gegen das „Notfallprogramm“und will so schnell wie möglich eine geordnete Rückkehr zur geldpolitischen Normalität. Auf der anderen Seite stehen die Vertreter jener Länder, die angesichts hoher Schulden gerne länger vom billigen Geld und den Nullzinsen profitieren möchten. „Die Reformbereitschaft der Länder hat arg nachgelassen“, so Weidmann. Dass nun schon über Jahre der regulierende Marktmechanismus außer Kraft gesetzt sei, dass sich Länder mit soliden Staatsfinanzen besser finanzieren können, kritisiert der ehemalige Berater der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Er plädiert für eine Institution, die unabhängig von der EU-Kommission die Haushaltsentwicklung der einzelnen Länder überwache. Um das zu enge Band von Staaten und Banken zu lösen, sollten Banken künftig nicht nur Kredite an Private mit Eigenkapital unterlegen müssen, sondern auch Staatsanleihen. Für die Entprivilegierung von Staatsanleihen werden bereits neue Instrumente, Safe Bonds, überlegt. Im Gegensatz zu den sehr umstrittenen „Eurobonds“sollen bei den Safe Bonds keinesfalls alle Schulden „in einem Topf“landen.