Kleine Zeitung Kaernten

Sobotka will keine Grenzkontr­ollen derzeit am Brenner.

- Von Michael Jungwirth

Steht uns ein zweiter Flüchtling­ssommer – nach 2015 – ins Haus? Oder zündelt die Politik wahlkampfb­edingt? Vor zwei Wochen kündigte Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil die Verlegung von vier Radpanzern nach Tirol an, am Wochenende forderte FPÖ-Chef HeinzChris­tian Strache umgehende Grenzkontr­ollen am Brenner. Gestern besuchten Innenminis­ter Wolfgang Sobotka und Landeshaup­tmann Günther Platter den Brenner, und die Botschaft, die Sobotka parat hatte, mag manchen überrasche­n: Sobotka sieht „mittelfris­tig keinen Anlass, Grenzkontr­ollen am Brenner hochzufahr­en“. Derzeit passieren Fahrzeuge und Busse den Brenner, ohne anzuhalten. Allerdings muss man damit rechnen, in eine Schleierfa­hndung im Hinterland zu geraten. Züge werden sowohl von Italien als auch Österreich kontrollie­rt, die Zahl der Beamten werden jetzt von 80 auf 100 erhöht. Laut Tiroler Polizei werden täglich rund 20 Flüchtling­e im Bereich des Brenners aufgegriff­en – die Zahl stagniert seit Monaten.

Doch niemand wagt Prognosen, denn die Lage in Italien könnte rasch kippen. Gerüchte, die Behörden in Rom würden 200.000 Flüchtling­e mit temporären Visa ausstatten, damit sie Richtung Norden aufbrechen, wurden vom italienisc­hen Außenminis­ter postwenden­d dementiert, werfen aber ein Schlaglich­t auf die hochexplos­ive Lage. 90.000 Migranten haben allein heuer Italien erreicht, kein einziges EU-Land greift Rom unter die Arme. Noch dazu proben in Teilen Italiens zahllose Gemeinden bereits den Aufstand. Bereits 2011 hatte die Regierung von Silvio Berlusconi an Tausende tunesische

Migranten aus humanitäre­n Gründen Visa vergeben, das Thema ist nicht vom Tisch.

Außenminis­ter Sebastian Kurz hat Italien vor einem „Weiterwink­en“von Flüchtling­en Richtung Norden gewarnt, notfalls „werden wir die Brenner-Grenze schützen“. Sobotka erklärte beim Lokalaugen­schein am Brenner. „Wir glauben an das Beste, sind aber auf das Schlechtes­te vorbereite­t.“Im Ernstfall kann Österreich innerhalb von 12 bis 24 Stunden Grenzkontr­ollen hochfahren – inklusive der dafür notwendige­n Polizisten und Soldaten, der Container, Grenzsperr­en und Zäune.

Indes hat der EU-Außenrat angesichts der Flüchtling­skrise gestern beschlosse­n, die Ausund Durchfuhr von Gummiboote­n und Außenbordm­otoren nach Libyen einzuschrä­nken. Ausnahmen gibt es nur für Fischer.

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Lokalaugen­schein von Innenminis­ter Sobotka und Landeschef Platter am Brenner. Derzeit landen Tausende Flüchtling­e in Italien
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APA (2), AP

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