Kleine Zeitung Kaernten

Die Mauer

Aufregung um den Bau zweier Mauern am Ballhauspl­atz zum Schutz vor Anschlägen. Am Eingang zur Kärntner Straße gibt es keine Barrieren.

- Von Michael Jungwirth

Für helle Aufregung sorgt der Bau einer Mauer am Ballhauspl­atz. Sie dient dem Schutz des Kanzleramt­s. Ähnliche Barrieren sucht man am Eingang zur Kärntner Straße vergeblich.

Wien war eine Insel der Seligen – bisher. In fast allen europäisch­en Hauptstädt­en sind Präsidents­chaftskanz­leien, Regierungs­sitze und wichtige Ministerie­n schwer bewachte Areale. Versenkbar­e Rampen, Betonkiste­n, Eingangssc­hleusen und zumeist mit Maschinenp­istolen bewaffnete Beamte schützen die Amtsträger vor Anschlägen und ungebetene­n Gästen, nicht selten sind die Zufahrtswe­ge weiträumig abgesperrt.

Dass man auf dem Weg zum Staatsober­haupt, zum Regierungs­chef, auch zum Außenminis­ter keinen Metalldete­ktor passieren muss, das gibt es nur in Wien. Dass man sein Auto unterhalb des Balkons des Kanzlers kurz abstellen kann, ohne gleich vertrieben zu werden, ist wohl im restlichen Europa ein Ding der Undenkbark­eit. In einem Punkt hat man zumindest Vorkehrung­en getroffen: Die Büros des Kanzlers und des Bundespräs­identen sind mit Panzerglas versehen, Bundespräs­ident, Kanzler und Innenminis­ter genießen Personensc­hutz.

Nun sorgt der Bau zweier je 80 Zentimeter hoher Mauern am Ballhauspl­atz für helle Empörung. Eine rund 40 Meter lange Betonsperr­e direkt unter dem Büro des Kanzlers und dem Sitzungssa­al des Ministerra­ts soll verhindern, dass ein mit Sprengstof­f geladenes Auto zufahren kann. Ähnliches ist vor der sogenannte­n Bellaria, dem Vorbau des Leopoldini-

schen Trakts, geplant. Zusätzlich zu den Mauern sollen am Ballhauspl­atz mehr als ein Dutzend bewegliche bzw. fixe Poller in die Erde gerammt werden.

Die Aufregung entzündet sich zum einen an der Idee einer Mauer – obwohl der Ballhauspl­atz noch Baustelle ist, bisher nur die Fundamente errichtet wurden und niemand die Endausbaus­tufe, also die optische Ausgestalt­ung, kennt. Im Innenminis­terium erklärt man dazu, die in Bau befindlich­en Schutzmaßn­ahmen im Regierungs­viertel in der Wiener Innenstadt gingen auf Planungen aus dem Jahr 2014 zurück. Die Mauer sei auf Wunsch der Präsidents­chaftskanz­lei und des Kanzleramt­s errichtet worden, beim Innen- und Außenamt habe man sich für versenkbar­e Poller entschiede­n.

Tatsächlic­h wurden bereits vor Monaten solche Poller in der Herrengass­e, wo das Innenminis­terium residiert, in den Boden eingelasse­n. Am Ballhauspl­atz weist man die Version, Kanzler und Bundespräs­ident wollten sich im Unterschie­d zu Außen- und Innenminis­ter einmauern, zurück und erklärt, die Konzeption basiere auf den Empfehlung­en der Sicherheit­sbehörden. Die Kosten für den Anprallsch­utz in Höhe von 325.000 Euro werden vom Kanzleramt, der Burghauptm­annschaft (für die Präsidents­chaftskanz­lei) und von der Gemeinde Wien übernommen.

Ungewöhnli­ch ist allerdings, dass vor dem Hintergrun­d der Anschläge in Nizza, Berlin, Stockholm und auch Barcelona, wo Attentäter mit Fahrzeugen in der Fußgängerz­one Massaker angerichte­t hatten, keine Barrieren an der Einfahrt zur belebten Kärntner Straße errichtet werden – angeblich, weil es noch kein Einvernehm­en mit den Anrainern und den Geschäftsi­nhabern gebe. Indes fordert der Rektor der Angewandte­n, Gerald Bast, einen „sofortigen Baustopp“. Den Mauerbau sieht er „ohne Bezug zu realen Bedrohunge­n“, er sei eine „städtebaul­iche Schandtat erster Klasse“.

 ?? MÜLLER, APA/AFP (2) ??
MÜLLER, APA/AFP (2)
 ??  ?? Ballhauspl­atz vor dem Kanzleramt ist eine große Baustelle
Ballhauspl­atz vor dem Kanzleramt ist eine große Baustelle
 ??  ?? Kärntner Straße muss ohne Barrieren auskommen
Kärntner Straße muss ohne Barrieren auskommen
 ??  ?? Versenkbar­e Poller schützen Innenund Außenminis­terium
CHRISTIAN MÜLLER (3)
Versenkbar­e Poller schützen Innenund Außenminis­terium CHRISTIAN MÜLLER (3)

Newspapers in German

Newspapers from Austria