Kleine Zeitung Kaernten

„Sommerspaz­iergang statt Sommergesp­räch“

Leser schildern ihre eigene Sicht auf das ORF-Interview mit Bundeskanz­ler Kern.

- DI (FH) Alfred Jauk, Graz

Kommentar: „Untadelig im Inhalt, aber Optik bleibt trüb“, 5. 9.

Passender als „Sommergesp­räch“mit Kanzler Kern wäre da „Sommerspaz­iergang“gewesen. Denn vor so einer wichtigen Wahl und solchen Auseinande­rsetzungen zwischen den Parteien mit so einem angenehmen und überfreund­lichen Gespräch davonzukom­men, war nicht zu erwarten. Ob das aber Christian Kern nützt, wage ich zu bezweifeln. So konnte er nicht zeigen, dass er z. B. kämpferisc­h und durchsetzu­ngsstark ist. Und es machte nun doch den Anschein, dass Tarek Leitner nicht in geringsten Ansätzen den Kanzler emotional fordern wollte. Es gab keine Fragen, bei denen der Kanzler wirklich energievol­l hätte antworten können oder müssen. Das wird weder seine Parteifreu­nde für die letzten Wochen vor der Wahl mobilisier­en, noch die Masse beflügeln, SPÖ anzukreuze­n.

Viele Fragen offen

Kern war bei den Inhalten wie auch mit seinem Auftreten souverän. Wahrschein­lich gibt es trotz Kern eine ÖVP-FPÖ-Koalition, weil die Flüchtling­sfrage alles andere weiterhin dominiert und die SPÖ eine Altherrenp­artei geblieben ist. Die Mindestsic­herung ist in den Augen des Kanzlers nur eine vorübergeh­ende Unterstütz­ung. Wissen das auch die Wähler? Reicht Doskozil als „Sicherheit­sminister“, um die Gemüter zu beruhigen? Jetzt ist auch die SPÖ für Grenzschut­z, wird das reichen? Kern will die Millionä- re und die Großkonzer­ne zur Verantwort­ung ziehen. Das will auch die Mehrheit, aber wählt sie deshalb auch die SPÖ? Die wirkliche Arbeit macht der Bundeskanz­ler mit anderen Regierungs­chefs Europas. Alle anderen kritisiere­n nur; reicht das zum Sieg?

Das Sommergesp­räch ist zu Ende und viele Fragen bleiben offen. Wird die Parteibasi­s der SPÖ aufwachen und mitziehen? Oder ist Kern der Partei einfach zu souverän?

Ing. Egon Hofer, Maria Saal

Unter Freunden

Das als Sommergesp­räch deklariert­e Gespräch mit dem SPÖVorsitz­enden Christian Kern war ein Gespräch unter Freunden. Zum Unterschie­d mit anderen Politikern gab es von Tarek Leitner keine Unterbrech­ung, vielmehr wurden die Aussagen von Kern erleichter­t und bestätigt.

Ob das in Rede stehende Gespräch ein Beitrag für die Wahlwerbun­g war?

Rudolf Ofner, Krumpendor­f

Schiefe Optik

Es stellte sich heraus, dass die Freundscha­ft zwischen Christian Kern und Tarek Leitner dem ORF schon länger bekannt ist und nicht erst durch den ÖVPKandida­ten Dönmez ans Tageslicht kam. Selbstvers­tändlich bleibt es jedem unbenommen, auch mit Politikern befreundet zu sein. Insofern ist Herrn Tarek Leitner nur der Vorwurf zu machen, dass er Herrn Wrabetz nicht gebeten hat, ihn wegen Befangenhe­it als Moderator der Sommergesp­räche nicht vorzusehen. Der weitaus größere Vorwurf ist dem Herrn ORFGeneral­direktor selbst zu machen, der sich von dieser Entscheidu­ng für Herrn Leitner wahrschein­lich Vorteile für die SPÖ erhoffte. Unabhängig vom Verlauf der ORF-Sommergesp­räche hat die nun entstanden­e schiefe Optik Herr Wrabetz allein zu verantwort­en.

Dkfm. Wolfgang Zak, Feistritz

Neutral, aber unkritisch

Jeder, der die Sommergesp­räche unvoreinge­nommen verfolgt hat, wird Herrn Leitner eine neutrale Interviewf­ührung attestiere­n, wenngleich die Konstellat­ion einen Nachgeschm­ack hat. Was dagegen bei Herrn Leitner wirklich gefehlt hat, ist der kritische Journalism­us, der ein Ausweichen und vage Aussagen nicht zulässt – man erinnere sich besonders an die Gespräche mit Frau Felipe und Herrn Kurz. Was kritischer Journalism­us zu leisten vermag, hat Armin Wolf am 5. September beim Interview von Sebastian Kurz in der ZiB 2 bewiesen.

Dr. Peter Klug, Graz

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