EZB schiebt Zinswende auf die lange Bank
Leitzinsen werden noch lange bei 0,0 Prozent bleiben. Entscheidung über Anleihenkaufprogramm im Oktober.
Die Wirtschaft brummt, die Arbeitslosigkeit sinkt, die Inflation steigt und am Immobilienmarkt sprechen manche sogar schon von einer Blase. Die Anzeichen auf den Einstieg zum Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik der EZB waren selten so deutlich. Doch für den EZB-Rat reichte das nicht. Alles bleibt beim Alten. Der Leitzins verharrt bei 0,0 Prozent, der Einlagenzinssatz für täglich fälliges Geld auf minus 0,4 Prozent. Bis Dezember werden von der EZB weiterhin Monat für Monat Anleihen im Wert von 60 Milliarden Euro gekauft. Bis Jahresende wird das umstrittene Anleihenkaufprogramm damit auf 2280 Milliarden Euro angewachsen sein. Inzwischen wer- den die ersten Auszahlungen aus den Anleihen fällig, welche die EZB reinvestieren will.
für die Zurückhaltung erklärt EZB-Chef Mario Draghi mit dem Auftrag der Notenbank: Die Inflation soll in der Eurozone langfristig und nachhaltig knapp unter 2,0 Prozent liegen. Im August betrug die Teuerung 1,5 Prozent. Die Währungshüter gehen davon aus, dass sie 2018 wieder auf 1,2 Prozent sinken könnte. Einen Hauptgrund dafür sieht Draghi darin, dass die Löhne dem wirtschaftlichen Aufschwung hinterherhinken. Auch der starke Wechselkurs des Euro dämpft die Inflationserwartungen. Produkte aus Europa werden international teurer. Das schwächt die Exportwirtschaft. Importwaren werden billiger, was die Teuerung dämpft.
Draghi ist jedoch zuversichtlich, dass das Ziel erreicht wird. Nicht zuletzt, weil die fundamentalen Zahlen stimmen. Das
Wachstum übertrifft heuer mit 2,2 Prozent die Erwartungen. Die Prognosen für 2018 und 2019 wurden auf 1,8 und 1,7 Prozent erhöht. Die Arbeitslosigkeit in der Eurozone betrug im Juli 9,1 Prozent. Der niedrigste Wert seit Februar 2009. Dieser Trend werde durch die lockere Geldpolitik unterstützt. So kommen Unternehmen und Privatpersonen wieder leichter an Finanzierungen. Die Kreditvergabe an Firmen stieg im Jahresvergleich um 2,4 Prozent, bei Privathaushalten betrug das Plus 2,6 Prozent. Nun brauche es Geduld, so Draghi. Deshalb werden die Entscheidungen über die Zukunft des Anleihenkaufprogramms auch erst im Oktober getroffen.