Kleine Zeitung Kaernten

„Nehmen Sie das ernst!“

Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen meldet sich im Wahlkampf zu Wort. Den Parteien liest er die Leviten, den Wählern rät er, sich vor der Wahl ordentlich zu informiere­n.

- Von Wolfgang Fercher

In den kommenden Tagen geht es auf Reisen. Morgen und übermorgen trifft Österreich­s Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen in Malta mit zwölf anderen europäisch­en Staatsober­häuptern zusammen. Mehr Glamour von Montag bis Mittwoch nächster Woche: Van der Bellen reist zur UNO-Vollversam­mlung nach New York und will vor allem über Friedenspo­litik und die drohende Klimakatas­trophe sprechen.

Zuvor ließ es sich das Staatsober­haupt nicht nehmen, eine Erklärung zur Nationalra­tswahl abzugeben. Bedächtig öffnet er

Dienstagvo­rmittag die berühmte Tapetentür in der Präsidents­chaftskanz­lei. Gewohnt bedächtig auch die ersten Worte. Van der Bellen wendet sich direkt an die Bürger und bittet diese, „unbedingt von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen“. Der Appell des Präsidente­n: „Es geht um unsere Zukunft. Blicken Sie tiefer hinter die mehr oder weniger interessan­ten Slogans.“Es sei besser, sich jetzt zu informiere­n, als später zu lamentiere­n. „Das ist keine geringe Sache, nehmen Sie das ernst!“Der Wahltag sei „der höchste Feiertag der Demokratie“.

Aus bedächtig wird dann doch eindringli­ch. Und zwar in Richtung der Parteien, denen er angesichts der „Dirty Campaignin­g“-Vorwürfe zumindest ein wenig die Leviten liest. Er habe Verständni­s dafür, dass es im Wahlkampf zu harten Auseinande­rsetzungen komme. Aber: „Seien Sie sich im Interesse Österreich­s bewusst, dass es nach dem 15. Oktober eine intakte Gesprächsb­asis zwischen den Parteien braucht.“Es solle „nicht zu Kränkungen kommen“, die eine Regierungs­bildung erschweren. „Diese Narben sollten an der Oberfläche bleiben.“

„Kurzfristi­ges Denken“sei keine Lösung. „Ich halte das für völlig unangebrac­ht in der Politik. Da müssen wir in größeren Zeiträumen denken.“Der Blick müsse auch „durch die Augen unserer Kinder und Enkel“erfolgen. Van der Bellen will dafür sorgen, dass die neue Regierung die Bedeutung Europas betone. So beantworte­t er auch die Frage nach einer möglichen FPÖRegieru­ngsbeteili­gung. Digitalisi­erung und Klimawande­l sieht er als wichtige Zukunftsth­emen.

Wie ist der Auftritt zu bewerten? „Ich denke, das war präventiv vor der heißen Phase des Wahlkampfs, vor allem in Richtung SPÖ und ÖVP gedacht“, sagt der Politikana­lyst Thomas Hofer. Eine klassische Interpreta­tion der Rolle eines Präsidente­n. Tenor: „Lasst das Anpatzen nicht eskalieren. Es soll auch nach der Wahl noch eine Gesprächsb­asis geben.“Eine Wahlempfeh­lung gab es, wie erwartet, nicht. Hofer: „Das hätte das Amt auch massiv beschädigt.“

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APA Alexander Van der Bellen am Dienstag: „Europa braucht uns. Und wir brauchen Europa“

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