Frautot: Gutachten belastet Arzt
Nach einer unnötigen Gallenblasenuntersuchung musste eine gesunde Wienerin (61) sterben. Jetzt erhebt der Sohn schwere Vorwürfe gegen den Chefarzt eines Spitals im Burgenland.
Christiana W. (61) vertraute dem Primar. Er hatte bei ihr schon im Jahr 2008 eine erfolgreiche Gallenblasenoperation durchgeführt. Als sie im Dezember 2015 Schmerzen im Oberbauch bekam, suchte die Wienerin den Primar neuerlich auf. Es bestand die Verdachtsdiagnose „Probleme im Gallengang“. Eine Untersuchung sei dringend notwendig, so der Primar.
„Ich lasse das schnell abklären, dann verbringe ich Weihnachten mit dir“, teilte die Mut-
ter ihrem Sohn Florian (32) telefonisch aus dem Spital in Eisenstadt mit. Alles kam anders. Christiana W. starb Tage später.
Laut einem Privatgutachten, das nun der Grazer Anwältin Karin Prutsch vorliegt, hatte der Primar eine diagnostische Endoskopie durchgeführt und dabei den Darm verletzt. Es kam zu Blutungen, die Untersuchung musste abgebrochen werden, der Primar fuhr ins Wochenende. Seine Patientin mit Zusatzversicherung ließ er im Krankenhaus zurück.
Florian W. erhebt nun schwere Vorwürfe gegen den Chefarzt, der seine Mutter tödlich verletzt haben soll: „Der Primar hat veranlasst, dass meine Mutter auf die Station kam, aber niemanden darüber informiert, dass sie eine Blutung hat. Nicht einmal der Chirurg, der später eine Notoperation durchführen musste, wusste Bescheid.“
Der Zustand der Wienerin verschlechterte sich zusehends, über zehn weitere Operationen waren notwendig. Schließlich starb sie an einer Sepsis. Der Gerichtsmediziner empfahl der Staatsanwaltschaft Eisenstadt einen Sachverständigen für Bauchchirurgie beizuziehen. Doch darauf verzichtete die Anklagebehörde. Das Verfahren wurde schließlich eingestellt.
Nun geht aus dem Privatgutachten hervor, dass die 61-jährige Wienerin gesund und die Untersuchung daher gar nicht notwendig war. Außerdem stellt der Sachverständige fest: Unverzüglich nach Erkennen der Perforation im Rahmen der Untersuchung wäre eine antibiotische Therapie und eine Computertomographie notwendig gewesen. Weiters soll der Primar gewusst haben, dass seine Patientin einen Magenbypass hat und in diesem Fall eine diagnostische Endoskopie praktisch nicht möglich ist. Prutsch hat nun bei Gericht einen Antrag auf Fortführung der Ermittlungen wegen Verdachts der fahrlässigen Tötung eingebracht. Außerdem fordert sie für den Sohn 30.000 Euro Trauerschmerzensgeld und Begräbniskosten.
Nach dem Tod der Mutter war der Sohn vier Wochen im Spital.
Psychologische Betreuung braucht
er noch immer.
Karin Prutsch,
Anwältin