Der Hüter des Vergänglichen
Thomas Grötschnig (27) hat die Wiener „Murals“, überdimensionale Wandbilder, in einem Buch verewigt.
Ausgerechnet die „sozialen Medien“und ihre Vergänglichkeit waren es, die die Initialzündung gaben. Als Thomas Grötschnig mit seiner Freundin nach Jahren im Ausland durch Wien spazierte, bemerkte er, dass sich in der Stadt eine Street-Art-Szene entwickelt hatte, die sich nicht hinter anderen Städten verstecken musste. Er fotografiert die Bilder und postete die Fotos seit 2016 im Internetprojekt „Vienna Murals“– aber wie die Wandbilder selbst, drohten auch diese Posts von einer Szene, die sich schnell und ständig weiterdreht, „verschluckt“zu werden. „Es ist eine total dynamische Szene“, sagt der 27-Jährige. „Wenn man kurz nicht unterwegs war, dann gibt es schon wieder etwas Neues.“Es entstand die Idee, die vergänglichen Bilder, 103 an der Zahl, in Buchform festzuhalten.
Mittels „Crowdfunding“wurden die Druckkosten für den „Vienna Murals – Street Art Guide Vienna“aufgebracht, das Buch selbst ist vorvorige Woche erschienen. Es ist das erste seiner Art, das diese „Murals“ festhält – das Wort leitet sich vom spanischen „Muro“, also Mauer, und dem „Muralismus“, Wandmalereien im öffentlichen Raum, ab. Und das Buch trägt auch einer Entwicklung Rechnung, über die sich Grötschnig freut: „Die Bilder werden als Verschönerung der Stadt wahrgenommen und als Kunst im öffentlichen Raum anerkannt, nicht als Vandalismus.“
Grötschnig ist nach der Matura in Villach und dem Zivildienst nach Wien gegangen, um Publizistik zu studieren. Er lebte vier Jahre in Madrid, Berlin und Rom, nach Wien ist er im Vorjahr zurückgekehrt. Er macht Dokumentarfilme – unter anderem über ein Dorf in Spanien – und arbeitet an Projekten über das Leben im öffentlichen Raum, „Vienna Murals“dokumentiert die Bilder nicht nur, Grötschnig arbeitet auch mit internationalen Künstlern zusammen, damit neue entstehen. „Ich mag es einfach gerne, Menschen kennenzulernen, die ähnliche Interessen haben“, sagt er und das macht er auch beruflich, er arbeitet in einem „Wombat’s Hostel“als Rezeptionist.
Villach ist für ihn noch immer ein Fixpunkt. Auch wenn die Stadt nicht mit Street-ArtMetropolen wie Wien oder Linz mithalten kann, freut er sich, wenn er hier neue Bilder findet – „auch hier tut sich viel“, sagt er. Vielleicht genug, um Stoff für ein zukünftiges Buchprojekt zu haben.