Seit fünf Monaten mit Kind in U-Haft
Prozessauftakt in der Türkei gegen deutsche Journalistin Me¸s ale Tolu.
Mehr als fünf Monate musste die deutsche Journalistin Me¸sale Tolu in türkischer Untersuchungshaft auf ihren Prozess warten.
Das sei nicht nur für sie eine Bestrafung, sagte sie am Mittwoch zum Auftakt des Verfahrens vor dem Gericht in Silivri, westlich von Istanbul. Es sei auch eine Katastrophe für ihren zweijährigen Sohn, der mit ihr im Frauengefängnis im Istanbuler Stadtteil Bakırköy eingesperrt ist. Auch ihr Ehemann Suat Çorlu ist in Untersuchungshaft. Me¸sale Tolu wird wegen angeblicher Mitgliedschaft in einer linksextremen Terrorvereinigung der Prozess gemacht. Tolu drohen bis zu 20 Jahre Haft. Vor Gericht bekräftigte sie: „Ich habe keine der genannten Straftaten begangen und habe keine Verbindung zu illegalen Organisationen.“
Tatsächlich wirken die aufgeführten „Terrorbeweise“äußerst dünn und beziehen sich vor allem auf linke Veranstal- tungen, die Tolu als Journalistin besucht hat. Der 32-Jährigen ist nicht anzumerken, dass sie seit Monaten in der Türkei inhaftiert ist. Die Deutsche wirkt keineswegs eingeschüchtert. Vater Ali Rıza Tolu, der seine aus Ulm stammende Tochter eine „politische Geisel“nennt, sind Angst und Sorge deutlich anzumerken. Vor Prozessbeginn bittet der 58-Jährige die Journalisten um Hilfe, die sich auf dem Parkplatz vor dem Gerichtsgebäude aufgebaut haben.
„Hier sind Pressekonferenzen verboten“, sagt ein Polizist, ein Handgemenge scheint zu drohen, der Vater zieht schließlich empört ab. Das Gerichtsgebäude grenzt an das berüchtigte Gefängnis in Silivri an, wo seit einem Dreivierteljahr auch der eingesperrte „Welt“-Korrespondent Deniz Yücel in U-Haft sitzt. Im Fall Yücel verzögert sich die Anklageerhebung, ohne Angabe von Gründen. Der Prozess gegen Me¸sale Tolu wird heute fortgesetzt.