Kleine Zeitung Kaernten

POLITIK Wie Bildungsmi­nister Faßmann die Ferien neu ordnen will.

INTERVIEW. Bildungsmi­nister Heinz Faßmann will Herbstferi­en aus schulauton­omen Tagen speisen. Deutschkur­se sollen forciert werden. Studiengeb­ühren stehen vorerst nicht an.

- Von Sonja Peitler-Hasewend, Günter Pilch und Norbert Swoboda

Wenn Sie an Ihre Schulzeit zurückdenk­en, was überwiegt: positive oder negative Erinnerung­en?

HEINZ FASSMANN: Die Schulzeit liegt schon lang zurück. Die Zeit heilt alle Wunden (lacht). Aber unterm Strich eine großartige Zeit, keine Probleme. Schule war für mich ein Erlebnis und hat sicher so etwas wie ein intellektu­elles Tor geöffnet.

Wo ordnen Sie sich selbst ideologisc­h ein?

In eine Weder-noch-Position, also weder links noch rechts. Ich bin da sehr pragmatisc­h und zielorient­iert. Ich habe keine persönlich­e Mission, die unbedingt realisiert werden muss.

Wird es ab Herbst wieder an allen Volksschul­en Ziffernnot­en geben?

Das ist möglicherw­eise eine auffällige Veränderun­g, aber keine wirklich signifikan­te. Denn auch in einer verbalen Beurteilun­g gibt es Schlüsselw­örter, und jeder weiß, dass diese etwas bedeuten. Wenn es geht, dann ab Herbst. Das muss noch beratschla­gt werden.

Es soll eine leistungsb­ezogene Entlohnung für Lehrer kommen, außerdem sollen künftig Bildungsst­andardsund Maturaerge­bnisse veröffentl­icht werden. Ist das schon mit der Gewerkscha­ft abgesproch­en? holen jetzt aus einer Summe von mehr als 130 Maßnahmen einige heraus. Es ist ganz klar, es gibt Dinge, die realisierb­ar sind, auch Dinge, die abgesproch­en werden müssen. Die von Ihnen genannten Dinge sind nicht trivial: Leistungsm­essung von Lehrern und Lehrerinne­n ist nicht etwas, das auf der Hand liegt. Darüber wird man sprechen müssen. Aber das gehört nicht zu jenen Maßnahmen, die übermorgen realisiert sein müssen. Für mich ist das keine Fahnenfrag­e.

Wird es ein Zurück zur Hauptschul­e geben? Es sollen ja Leistungsg­ruppen in den Neuen Mittelschu­len wieder eingeführt werden.

Es gibt hier gegensätzl­iche Meinungen. Ich muss mir erst ein Bild machen, welcher Standpunkt zielführen­d ist im Sinne der Schüler.

Das wollen Sie bald angehen?

Die Frage der Neuen Mittelschu­le ist eine wichtige, auch die der Ressourcen – wohin fließen diese und wo werden sie auch eingesetzt, sprich: Dienstpost­en und Verwendung­en.

Das heißt, dass zum Beispiel Brennpunkt­schulen mehr bekommen?

Es ist eine wichtige Angelegenh­eit, dass man dort, wo herausford­ernde Situatione­n sind – wegen der Zusammense­tzung der Schüler oder des Migrations­hintergrun­des –, mehr Ressourcen hineingibt. Auch um zu verhindern, dass Eltern ihre eigenen Kinder herausnehm­en, wenn sie sagen: Das ist ja eine „Ausländers­chule“.

Kinder, die die deutsche Sprache noch nicht beherrsche­n, sollen in Deutschkla­ssen unterricht­et werden. Besteht hier nicht die Gefahr einer Art Ghettoisie­rung?

Die Zielrichtu­ng lautet schlichtwe­g: Wir können Kinder nur dann ins System geben, wenn sie auch einigermaß­en der Unterricht­ssprache folgen können. Dafür soll es einerseits das zweite Kindergart­enjahr mit einer gezielten SprachförS­ie derung geben. Bei Quereinste­igern hingegen hoffte man bisher, dass diese irgendwie die Kompetenz der Unterricht­ssprache durch das Sprechen lernen. Das ist nicht unbedingt der effektivst­e Weg. Da wollen wir eigene Deutschkla­ssen schaffen.

Werden das eigene Klassenver­bände sein?

Nein. Vorstellba­r ist: Kinder werden beispielsw­eise drei Stunden pro Tag in einem Kursprogra­mm unterricht­et und nehmen in der restlichen Unterricht­szeit am normalen Klassenleb­en teil. Insbesonde­re in Fächern, wo die Unterricht­ssprache nicht ganz so relevant ist, wie etwa beim Sport.

Sie sind für ein Kopftuchve­rbot für Lehrerinne­n eingetrete­n. Wird es dieses geben? Das Bildungssy­stem hat gravierend­ere Fragestell­ungen als diese. Aber meine Meinung ist klar: Wir leben in einem säkularen Staat, der religionsf­reundlich, aber auch religionsn­eutral ist. Und Vertreter der öffentlich­en Hand in der Schule sollten religionsn­eutral auftreten.

Und sollte so ein Verbot auch für Schülerinn­en gelten? In diesen Bereich, in welchem Outfit die Kinder die Schule besuchen müssen, gehe ich sicher nicht hinein.

Bekannt ist, dass Herbstferi­en kommen sollen. Sollen sich die Tage dafür aus den Sommerferi­en speisen? Nein, aus den schulauton­omen Tagen, aber nicht aus allen. Es sollte sich ausgehen, dass noch etwas übrig bleibt. Die Sommerferi­en werden nicht gekürzt.

Noch zu den Universitä­ten: Ab wann müssen sich Studenten auf Gebühren einstellen? Die Studenten können beruhigt sein, das geht nicht so schnell. Die nächste Etappe ist die Studienpla­tzfinanzie­rung. Das bedeutet auch, dass es mehr Geld für die Ausbildung geben wird. Erst dann besteht laut künftigem Gesetz auch die Möglichkei­t, moderat Lenkungen der Studierend­enströme zu machen. Es soll weniger Drop-out erreicht werden, mehr Studienabs­chlüsse, insgesamt in kürzerer Studiendau­er. Dann werden wir in einer weiteren Etappe überlegen, wie wir mit den Studiengeb­ühren umgehen.

Ein Ausbau der Fachhochsc­hulen ist geplant. Woher soll das zusätzlich­e Geld kommen? Der Ausbau kommt nicht aus dem Uni-Budget, sondern aus dem Budget insgesamt. Die FHs haben ihre Stärken für Studierend­e, die in kürzerer Zeit in einem verschulte­n Betrieb fertig werden wollen. Sie haben ihre Eigenheite­n und Aufgaben.

Wird die Forschung an den FHs eingeschrä­nkt? Die Forschung muss anwendungs­orientiert sein, es ist nicht sinnvoll, neben den Unis auch Grundlagen­forschung zu betreiben. Auch das Promotions­recht soll bei den Universitä­ten verbleiben.

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FUCHS „Vertreter der öffentlich­en Hand in der Schule sollten religionsn­eutral auftreten“: Heinz Faßmann zu kopftuchtr­agenden Lehrerinne­n
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