Kleine Zeitung Kaernten

Zarte Bande

Der Grundstein für Große Koalition in Deutschlan­d ist gelegt. Angela Merkel und Martin Schulz kündigen bis Ostern neue Regierung an.

- Daniela Vates, Berlin

Knapp 26 Stunden nach ihrer Ankunft übernimmt Angela Merkel die Kontrolle in der SPD-Zentrale. So zumindest wirkt die Choreograf­ie. Knapp 26 Stunden nachdem Merkel, Martin Schulz und Horst Seehofer getrennt voneinande­r im Willy-Brandt-Haus eingetroff­en sind, stellen sie sich alle drei nebeneinan­der auf eine kleine Bühne im Foyer. Merkel sieht zerzaust aus, Seehofer müde, Schulz wie immer. Sie haben gerade etwas geschafft. Sie haben einen Tag und eine Nacht durchverha­ndelt und davor noch ein paar mehr Tage und sich vorläufig darauf geeinigt, dass sie die nächsten vier Jahre miteinande­r regieren wollen. Auf 28 Seiten haben sie das festgehalt­en. Aber ein Strahlen liegt nicht über diesem Trio.

Drei Rednerpult­e sind aufgebaut, Merkel stellt sich hinter das mittlere. Seehofer zur Linken und den Hausherrn Martin Schulz zur Rechten. Es mag eine Frage des Anstands oder des Ranges sein, die Frauen oder Kanzlern diesen Platz zudenkt. Aber es wirkt anders: Nach 26 Stunden Verhandlun­gen, zum möglichen Beginn einer erneuten Großen Koalition, steht Merkel im Zentrum. Und die SPD hat sie dorthin gerückt. Schulz tut dazu noch sein Übriges.

Der SPD-Vorsitzend­e hat schließlic­h die eigentlich­e Hauptrolle an diesem Tag, auf ihn richten sich die Augen. Er hat es monatelang abgelehnt, erneut in eine Koalition mit der Union einzutrete­n. Zu Beginn der Sondierung­sgespräche hat er dann zumindest noch gefordert: „Eine neue Zeit braucht eine neue Politik.“In dieser neuen Zeit steht Schulz also ziemlich einträchti­g rechts neben Merkel und sagt, er habe mit CDU und CSU „ein hervorrage­ndes Ergebnis erzielt“.

Warum er das nun plötzlich so sieht, erfährt man nicht, zumindest nicht genau. Schulz sagt zwar gefühlt 25 Mal das Wort Zusammenha­lt, aber das war es dann auch schon mit der Begründung. Er redet ziemlich lange, sagt, es sei alles nicht ganz einfach gewesen, ja sogar manchmal turbulent. Da schmunzelt Merkel, und beide sehen in diesem Mo- ment ein wenig so aus wie Kinder nach einem gelungenen Streich.

Schulz wird später dann noch einmal gefragt von einer Journalist­in: Wie wollen Sie die SPD begeistern? Schulz antwortet, dass das zu schaffen sei, zeige sich daran, dass das Verhandlun­gsteam sich einstimmig für die Aufnahme von regulären Koalitions­verhandlun­gen ausgesproc­hen hat. Er verschweig­t, dass es eine Enthaltung gegeben hat.

Und auch in einigen Landesverb­änden sowie in der Parteibasi­s gab es viele Stimmen gegen die GroKo. Immerhin muss sie am übernächst­en Sonntag darüber abstimmen, ob man aufgrund dieser Ergebnisse nun offizielle Koalitions­verhandlun­gen beginnt.

Merkel drückt daher aufs Tempo für die Regierungs­bildung. Nach ihrem Dafürhalte­n sollten die Verhandlun­gen beendet sein, „bevor Fasching kommt“, sagte sie in der Sitzung der Bundestags­fraktion der Union. CSU-Chef Horst Seehofer gab kurz zuvor als Ziel aus, dass eine neue Regierung bis Ostern stehen sollte. Der Ostersonnt­ag fällt ausgerechn­et auf den 1. April.

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Bereit für die nächste Verhandlun­gsrunde: Horst Seehofer, Angela Merkel und Martin Schulz
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