Die neue mächtige Frau der SPD
Im Sondierungspapier ist vor allem Andrea Nahles’ Handschrift zu sehen.
Als die ersten Ergebnisse der Sondierungen zwischen SPD, CDU und CSU für eine Große Koalition bekannt wurden, zeichnete sich schnell ab, wer der große Gewinner auf der Seite der Sozialdemokraten sein wird. In dem 28 Seiten starken Einigungspapier ist vor allem die Handschrift von Andrea Nahles zu erkennen. Die SPD-Vizechefin und aktuelle Vorsitzende der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion war bis vor Kurzem Arbeits- und Sozialministerin und ist als Teil des linken Parteiflügels auf den sozialen Ausgleich in der Gesellschaft, aber auch in ihrer Partei bedacht. Viele Jahre lang nutzte sie ihr ausgeprägtes Macht- und Sendungsbewusstsein, um ihren Flügel als Gegenpol zu der Schröder’schen Agenda-2010-Politik innerparteilich stark in Stellung zu bringen. Manche sagen, sie haue manchmal zu laut auf den Tisch und sei schwierig im Umgang, andere wiederum halten sie für eine Zukunftsoption in der Nach-Schulz-Zeit. Schon jetzt ist die 47-Jährige die einflussreichste Frau in der SPD seit Rosa Luxemburg. In der CDU jedenfalls ist man voll lobender Worte für ihre Professionalität. Nach der Bundestagswahl ist sie noch einmal in den Krawallmodus zurückgekippt, den man von ihr aus der Zeit als Chefin der Jungsozialisten kannte. Doch in den Sondierungsgesprächen hat sie schnell wieder auf Realpolitiker-Modus umgeschaltet. Dass die SPD nach eigenem Bekunden in 60 Punkten ihre Vorstellungen durchgesetzt hat und darunter viele sind, die der ehemaligen Sozialministerin ein Herzensanliegen waren, spricht Bände. Nur mit ihrer stetigen Forderung nach höheren Steuern für Reiche konnte sich die Politikerin, die aus einer Arbeiterfamilie stammt, nicht durchsetzen.