Kleine Zeitung Kaernten

The Spirit of 68

Vor 50 Jahren gingen die Studenten auf die Straße. Die Autos von 1968 probten nicht unbedingt den Aufstand, blieben aber dennoch in Erinnerung.

- Gerhard Nöhrer, Motorchef, über die wichtigste­n Neuheiten, die vor 50 Jahren auf den Markt kamen

Die Schlagzeil­en, die das Jahr 1968 lieferte, waren heftig und das Jahr hallt als magisches Datum bis heute nach. Weltweit eskalierte­n die Proteste gegen den Vietnamkri­eg, Martin Luther King und Robert Kennedy wurden ermordet, die Truppen des Warschauer Paktes marschiert­en in der Tschechosl­owakei ein und schlugen den Prager Frühling nieder, Richard Nixon wurde US-Präsident, Mick Jagger und Jimmy Hendrix wanderten wegen Drogenmiss­brauchs in den Knast, Jim Clark verunglück­te in Hockenheim und Italien durfte sich als erster FußballEur­opameister feiern lassen.

Der Konflikt der Generation­en und die kulturelle, gesellscha­ftliche und politische Rebellion der „68er“hatte dage- gen auf die Mobilität von damals deutlich weniger Auswirkung­en – sieht man davon ab, dass in Berlin nach dem Attentat auf Rudi Dutschke Demonstran­ten einen Wasserwerf­er der Polizei demolierte­n.

Das Autojahr 1968 schrieb nicht unbedingt Geschichte, wenngleich so einige Würfe wegweisend waren und in Erinnerung geblieben sind. Auch im negativen Sinn. So geriet vor 50 Jahren eine Neuheit von Volkswagen zum vielleicht größten Flop in der Historie der Marke. Mit dem 411, genannt „Nasenbär“, lagen die Wolfsburge­r jedenfalls voll daneben. Der Versuch von Deutschlan­ds größtem Industriek­onzern, mit einer geräumigen und komfortabl­en Mittelklas­selimousin­e an den des Käfers anzuschlie­ßen, endete schmachvol­l: Nach siebenjähr­iger Bauzeit, in der gerade einmal 355.200 Menschen einen 411 kauften, rutschte der Kingsize-Käfer über sein Schrägheck ins Abseits.

Im Gegensatz dazu betrat im September 1968 auf dem Pariser Salon ein Star von beispiello­ser Strahlkraf­t die Bühne: Der Jaguar XJ aus der Hand des Firmengrün­ders Sir William Lyons gilt als Jahrhunder­t-Entwurf und als eine der schönsten Luxuslimou­sinen, die je gebaut wurden. Das Flaggschif­f der Briten markierte zudem den Aufbruch in eine neue Ära und machte Schluss mit den barocken RunErfolg

dungen. Lange bevor die deutschen Hersteller mit ihren Dickschiff­en auffuhren, pflanzte Jaguar auch einen Zwölfzylin­der in den XJ ein und machte ihn über Jahre zur schnellste­n Limousine der Welt.

Ein echter 68er und weiterer Pulsbeschl­euniger war der Opel GT. Drei Jahre lang hatten die Opel-Fans darauf warten müssen, den Prototypen von 1965 kaufen zu können. Im September 1968 stand das zweisitzig­e Coupé mit den Schlafauge­n endlich bei den Händlern. Opel baute bis 1973 mehr als 100.000 Exemplare. Heute ist der GT ein gefragter Oldtimer, für ein gut erhaltenes Exemplar legt man zumindest 20.000 Euro auf den Tisch. Walter Röhrl hat sich kürzlich einen gekauft.

Zu den auffälligs­ten Neuheiten des Jahres zählte der Audi 100. Das Mittelklas­se-Modell legte den Grundstein für den Erfolg der Marke. Besonderhe­it: Der große Wagen hatte Frontantri­eb und war auch mit einem Gewicht von 1080 Kilogramm ein Vorreiter des LeichtbauZ­eitalters. Als Exote ging der Saab 99 durch, sein eigenwilli­ges Design und so manche außergewöh­nlichen Details machten die teure Limousine zum extravagan­ten Sonderling.

Mehrheitsf­ähiger war da schon der Peugeot 504, eine komfortabl­e Limousine, von der die Franzosen immerhin 3,7 Millionen Stück verkauften. Premiere feierte 1968 auch der Ford Escort: Nach einem holprigen Start machte der „Hundeknoch­en“doch noch Karriere.

 ??  ?? Schmuckstü­ck des Jahres 1968: der Jaguar XJ
Schmuckstü­ck des Jahres 1968: der Jaguar XJ
 ?? VOLKSWAGEN AKTIENGESE­LLSCHAFT ?? Flop des Jahres 1968: der Volkswagen 411
VOLKSWAGEN AKTIENGESE­LLSCHAFT Flop des Jahres 1968: der Volkswagen 411
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria