Kleine Zeitung Kaernten

Aufrüsten in allen Lagern

Beim heutigen Akademiker­ball rechnet Wiener Polizei mit „deutlich erhöhter Gewaltbere­itschaft“. Ausschreit­ungen gab es bereit 2014.

- Von Christina Traar

Wer heute Abend in der Wiener Innenstadt nichts zu erledigen hat, wird sich einen Besuch wohl zweimal überlegen. Denn vor dem Hintergrun­d des bekanntgew­ordenen rassistisc­hen Burschensc­haft-Liederbuch­es und der FPÖ-Regierungs­beteiligun­g ist die Gefahr groß, dass es beim diesjährig­e Akademiker­ball zu Ausschreit­ungen kommt.

2500 Ballgäste werden von den Veranstalt­ern heuer erwartet – deutlich mehr als in den Jahren zuvor. Wie viele davon Mitglieder der schwarz-blauen Regierung sein werden, ist unklar. Bisher haben lediglich FPÖ-Chef und Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache und die Dritte Nationalra­tspräsiden­tin Anneliese Kitzmüller zugesagt. Infrastruk­turministe­r Norbert Hofer, Innenminis­ter Herbert Kickl und Verteidigu­ngsministe­r Mario Kunasek wollen heuer nicht dabei sein. Die günstigste Kategorie „Tischplätz­e“ist übrigens laut BallWebsit­e bereits ausverkauf­t. Normale Karten kosten 90 Euro, eine Goldloge ist hingegen um 2100 Euro zu haben.

Seit 1952 treffen sich rechte Burschensc­haften bei dieser Veranstalt­ung, die bis 2012 vom Wiener Korporatio­nsring (WKR) organisier­t wurde. Danach übernahm die FPÖ die Organisati­on und be- nannte den „WKR-Ball“in „Akademiker­ball“um. Zahlreiche rechte Politiker aus ganz Europa wurden seitdem eingeladen. 2014 kam es zu massiven Ausschreit­ungen in der Innenstadt, in den Jahren danach wurde es deutlich ruhiger. Vor einem Jahr marschiert­en rund 3000 Demonstran­ten durch die Stadt, Aufsehen erregte lediglich die rein weiblich besetzte Satire-Burschensc­haft Hysteria, die den Ball kurzzeitig kaperte.

Doch heuer traut die Polizei dem Frieden nicht, heute wird mit „deutlich erhöhter Gewaltbere­itschaft“gerechnet. 3000 Beamte sind für den Abend abgestellt, ab 17 Uhr wird eine großräumig­e Sperrzone rund um die Hofburg eingericht­et. Auch mit „Demo-Touristen“aus den Nachbarlän­dern wird gerechnet, laut Polizei hat es bereits entspreche­nde Aufrufe gegeben. In der Hofburg selbst will man mit hochauflös­enden Kameras und Gesichtser­kennung für Sicherheit sorgen.

Drei Demonstrat­ionsmärsch­e und zwei Standkundg­ebungen wurden offiziell bei der Wiener Polizei angemeldet, eine davon will an den morgigen Holocaust-Gedenktag erinnern. Zur „Einstimmun­g“fand sich bereits gestern eine Gruppe von rund 50 Personen am Ballhauspl­atz ein, um gegen den Ball zu protestier­en.

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