Der Teufel steckt imKollektiv
Regisseur DavidMarton verlegt Berlioz’ „La damnation de Faust“in Linz in eine trostlose Steppe.
Fröhlich
zecht die Männerrunde unter einer Autobahnbrücke. Spärlich markiert von einem rot-weißen Band, bricht die Straße über ihnen ab. Der alte Pick-up an der Seite dieses von Christian Friedländer entworfenen Brückenfragments wartet wohl vergebens aufWeiterfahrt.
„I’m on the road to nowhere“, könnte Faust singen, als er sich an den bröckelnden Rand der Brücke begibt. Und die dürre Landschaft deutet tatsächlich auf den Videoclip der „Talking Heads“: trostlose US-Steppe, imHintergrund ein Gebirgszug. David Martons Inszenierung ähnelt durch Videos einem Roadmovie, wobei Faust vom erfüllten Leben träumt, von Liebe und Glück. Denn er besingt den nahenden Frühling in Hector Berlioz’ „La damnation de Faust“.
Am Linzer Musiktheater hatte Berlioz’ 1846 vollendete „dramatische Legende“unter der Leitung von Markus Poschner am Samstag Premiere. Das Bruchstückartige der „Damnation“liegt dem neuen Linzer GMD, der das Bruckner-Orchester geschmeidig durch die Partitur führt, hörbar besser als zuletzt Strauss’ „Frau ohne Schatten“.
Mit dem Tenor Charles Workman als Faust besitzt die Aufführung einen schmiegsamen Protagonisten. Ihm zur Seite singt Michael Wagner den unnahbar-kalten Méphistophélès, der ab dem dritten Teil mit dem Chor des Landestheaters als Margritte’sche Gestalt durch das nun wie von Christo verpackte Szenario geistert. Jessica Eccleston als etwas brüchige Marguerite kannvokal nichtimmermithalten. Trotz projizierter Fahrten durch die Steppe überzeugt auch Martons Regie nicht restlos. Dass der Teufel nicht nur im Einzelnen, sondern in jedem Kollektiv schlummert, ist dennoch eine mahnende Botschaft.