Kleine Zeitung Kaernten

„Wirwandeln­uns vom Versorger zum Umsorger“

Strom als eigenständ­iges Produkt war einmal. Die Vorstände der Kelag zeichnen vor, wie sich die Energiebra­nche verändert hat und was getan werden muss, um die Energiewen­de zum Erfolg zu führen.

- INTERVIEW.

Im Herbst hat die Kelag einen Rundruf gestartet: Gefragt wurde nach zündenden Ideen, wie die Zukunft der Energiever­sorgung gestaltet werden kann. Hat es bei der „Green Ups Challenge“denn die gewünschte­n Geistesbli­tze gegeben?

MANFRED FREITAG: Wir waren von der Reaktion auf unsere Ausschreib­ung positiv überrascht. Insgesamt sind bis zum Stichtag Ende Jänner über 60 Einreichun­gen bei uns eingelangt – die evaluieren wir jetzt gerade. Aber für ein Land wie Kärnten ist das schon ein ordentlich­es Ergebnis und zeigt das Potenzial an guten Ideen auf, die hier schlummern. Wenn nur zehn Prozent der Einreichun­gen Hand und Fuß haben, können wir bald sechs tolle

Projekte starten.

Dieser Ideenwettb­ewerb ist eines der Mittel, mit dem sich die Kelag auf die enormen Herausford­erungen des Wandels in ihrem Geschäftsf­eld zu rüsten versucht. Worauf muss sich die Kelag, worauf die gesamte Energiever­sorgungsbr­anche einstellen?

ARMIN WIERSMA: Wir sehen uns mit tief greifenden technologi­schen und soziologis­chen Entwicklun­gen konfrontie­rt. Megatrends wie die Dekarbonis­ierung, die Dezentrali­sierung und die Digitalisi­erung auf technische­r Ebene, aber auch die Individual­isierung und Demokratis­ierung auf gesellscha­ftlicher Ebene bestimmen unser wirtschaft­liches Handeln. Um diese Herausford­erungen zu meistern, braucht es Flexibilit­ät und Innovation – und zwar im Unternehme­n selbst, aber auch von außen.

Stichwort Dekarbonis­ierung, also die Verringeru­ng des CO2Ausstoß­es – welche Möglichkei­t hat ein Energiever­sorger, der vordringli­ch Strom aus Was- serkraft erzeugt, in diesem Bereich noch Akzente zu setzen?

WIERSMA: Neben dem Ausbau der erneuerbar­en Energien müssen wir auch erreichen, dass unsere Kunden CO2 einsparen. Egal ob Haushalte oder Betriebe, mit gezielten Effizienzm­aßnahmen kann erreicht werden, dass weniger Energie verbraucht wird. Dazu gehört auch, dass wir die entspreche­nden Produkte am Markt platzieren, etwa über unseren Webshop.

FREITAG: Von den vier Terawattst­unden Strom, die die Kelag jährlich verkauft, stammen drei aus eigener erneuerbar­er Energieerz­eugung. Ziel ist, dass wir auch noch die vierte Terawattst­unde selbst erzeugen.

Das klingt nach einem ambitionie­rten Ziel, eine Terawattst­unde entspricht schließlic­h der Strommenge, die ein Großkraftw­erk in einem Monat herstellt. Bis wann will die Kelag diese zusätzlich­e Erzeugungs­leistung schaffen?

WIERSMA: Wenn alles gut geht, können wir dieses Ziel bis zum Jahr 2030 erreichen – und würden dann auch die strategisc­he Zielsetzun­g erfüllen, den Stromverbr­auch vollständi­g aus erneuerbar­en Energieque­llen bedienen zu können. Die Energiewen­de ist aber auch eine Wärmeund Mobilitäts­wende. Alles nur auf den Strom zu schieben wäre zu kurz gedacht. Auch beim Angebot der Kelag konzentrie­ren wir uns jetzt darauf, mehr als nur Strom zu verkaufen – angefangen bei Breitbandi­nternet über Datenservi­ces bis hin zu Energie- und Effizienzb­eratung wächst unsere Leistungsp­alette immer weiter. Wir wandeln uns vom Versorger zum Umsorger.

In diesem Zusammenha­ng fiel letztes Jahr bei der Kelag die finale Entscheidu­ng, die E-Mobilität als Geschäftsf­eld zu etablieren. Was verspreche­n Sie sich davon?

FREITAG: Womit man als Energiever­sorger bei der Lade-Infrastruk­tur Geld verdienen wird, steht in den Sternen. Die Lenker von E-Autos laden vorwiegend zu Hause und am Arbeitspla­tz. Zusätzlich muss die öffentlich­e Lade-Infrastruk­tur ausgebaut werden. Derzeit beteiligen wir uns an öffentlich­en Ausschreib­ungen von Asfinag und ÖBB, welche die Elektromob­ilität flä- chendecken­d ermögliche­n wollen.

Flächendec­kende Elektromob­ilität wird für das Stromnetz ganz schön belastend sein, schon jetzt müssen enorme Kosten und Mühen aufgebrach­t werden, um die Stabilität der Stromverso­rgung zu gewährleis­ten.

WIERSMA: Wir bewegen uns hin zur „all electric society“, eine Gesellscha­ft, in der ohne Strom nichts mehr geht. Der Verbrauch wird zunehmen, was bedeutet, dass wir die Netze ausbauen müssen. Angesichts der zunehmende­n Demokratis­ierung wird es allerdings immer schwierige­r, für Stromtrass­en die Akzeptanz der Anrainer zu erlangen. Darin sehen wir ein großes Spannungsf­eld für die Zukunft.

FREITAG: Die Menschen sind immer für grüne und saubere Energie, aber sie soll bittschön nicht vor der Haustüre erzeugt oder transporti­ert werden. Da wird noch viel Dialog und Überzeugun­garbeit notwendig sein.

Unser Ziel ist, dass wir bis zum Jahr 2030 die gesamte Energiemen­ge, die wir absetzen, aus erneuerbar­en Quellen erzeugen.

Manfred Freitag

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 ??  ?? Diese Seite erscheint in Kooperatio­n mit der Kelag. Die redaktione­lle Verantwort­ung liegt bei der Kleinen Zeitung.
Diese Seite erscheint in Kooperatio­n mit der Kelag. Die redaktione­lle Verantwort­ung liegt bei der Kleinen Zeitung.
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